Pressemeddelelse · 06.10.2022 Essstörungen: Wenige Anlaufstellen - kaum Unterstützung vom Land

Rund sechs Prozent aller Mädchen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Essstörung. Tendenz steigend. Dennoch gibt es nur wenige Hilfsangebote in Schleswig-Holstein, und auch bei der finanziellen Unterstützung macht sich das Land bisher eher rar.

Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Christian Dirschauer und Jette Waldinger-Thiering hervor (Drucksache 20/282).

"Zunächst einmal mussten wir mit Verwunderung feststellen, dass die Landesregierung kaum über Zahlenmaterial verfügt und den Umfang der Erkrankung deshalb gar nicht einordnen kann", sagt Christian Dirschauer, gesundheits- und sozialpolitischer Sprecher der SSW-Fraktion. So konnte die Landesregierung etwa keinerlei Angaben zur Gesamtzahl der Betroffenen machen.

Dabei ließen sich ungefähre Zahlen zumindest statistisch herleiten. Denn laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wird bei 61 von 1000 Mädchen und Frauen im Laufe ihres Lebens eine Essstörung diagnostiziert. Von rund 1,5 Mio. Frauen und Mädchen in Schleswig-Holstein wären demnach ca. 91.500 Personen betroffen. "Und das sind nur die diagnostizierten Fälle. Die Dunkelziffer dürfte erheblich höher ausfallen", so Dirschauer.

2019 gab es nach Angaben der Landesregierung 451 und im Jahr 2020 442 vollstationäre Behandlungsfälle mit der Hauptdiagnose Essstörungen im Krankenhaus.

"Auch hier müssen wir von hohen Dunkelziffern ausgehen, weil viele Kliniken überfüllt sind und Betroffene direkt abweisen oder auf ellenlange Wartelisten setzen müssen", so Dirschauer.

Zur Anzahl Betroffener, die ambulante Therapie- und Beratungsangebote wahrnehmen, konnte die Landesregierung wiederum keine Angaben machen.

"Unsere eigenen Recherchen zeigen jedoch, dass die Zahl der Klientinnen in den letzten Jahren steil angestiegen ist, und auch die Wartelisten immer länger werden. Es gibt schlicht zu wenig Beratungsstellen. Und die werden vom Land auch nur sehr spärlich gefördert", kritisiert Jette Waldinger-Thiering.

So erhält die Beratungsstelle Eß-o-Eß in Kiel gerade einmal 32.500 Euro Landeszuschuss pro Jahr, obwohl die Zahl der Klientinnen in nur drei Jahren um 60 Prozent angewachsen ist und viele weitere Klientinnen auf der Warteliste stehen.

Die zweite vom Land geförderte Anlaufstelle, die Fachberatung Essstörung im Kreis Stormarn, muss gar mit nur 23.000 Euro vom Land auskommen. Alternativ bleibt Betroffenen neben den allgemeinen Krankenhäusern und der geringen Chance auf einen ambulanten Therapieplatz in einer hiesigen Fachklinik eigentlich nur noch der Weg in andere Bundesländer offen.

"Das ist nicht akzeptabel, hier muss dringend etwas passieren", sagt Jette Waldinger-Thiering. Das Beratungsangebot müsse nicht nur erheblich ausbaut und ergänzt werden, etwa um Beratungsangebote für Angehörige; das Land müsse hierfür auch deutlich mehr Geld auf den Tisch legen. "Das sind wir nicht nur den vielen Mädchen und Frauen schuldig, die unter Essstörungen leiden, das macht auch finanziell Sinn. Denn Essstörungen, die sich verfestigen, können zu weiteren psychischen Leiden und damit zu langwierigen und komplexen Behandlungsfällen führen", so die frauenpolitische Sprecherin der SSW-Fraktion.

Ein Lichtblick immerhin: Für 2023 hat die Landesregierung eine Vertragsverlängerung der bisherigen Förderung angekündigt und will im Zuge dessen auch eine finanzielle Ausweitung dieser prüfen.

Christian Dirschauer: "Dabei wollen wir die Landesregierung gerne unterstützen und werden deshalb einen entsprechenden Haushaltsantrag stellen".

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