Rede · 24.04.2008 Ausweitung der Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer

Dass man überhaupt darüber nachdenkt, im Nationalpark Wattenmeer weitere Ölbohrungen zuzulassen, ist schon schockierend genug. Aber, dass diese Tatsache auch erst deutlich macht, wie löchrig das Bundesbergbaugesetz ist, wenn es um die Beteiligung Dritter am Verfahren geht, setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine umfassende Verbandsbeteiligung, wie man sie aus anderen Genehmigungsverfahren kennt, sind hier so nicht vorgesehen. Das heißt, hier wird nach Aktenlage entschieden und es gibt offiziell keine Möglichkeit, Einfluss auf den Informationsstand der Entscheider zu nehmen. Hier wird deutlich, dass die Bundespolitik auf diesem Feld seit Jahren versagt hat. Und wir stimmen den Grünen zu, wenn sie fordern, dass durch eine Bundesratsinitiative hier Abhilfe geschaffen werden muss.

Eine solche Bundesratsinitiative wäre noch nicht vergebens. Bisher sind nur Explorationsbohrungen genehmigt worden. Bohrungen zur Förderung von Öl würden erst später beantragt werden, wenn die Explorationsbohrungen erfolgreich waren. Wer also heute sagt, er wolle keine ausgeweitete Erdölförderung im Wattenmeer, hat heute die Chance, etwas dagegen zu unternehmen.

Wir teilen die im Antrag formulierte Auffassung, dass die Erdölförderung im Wattenmeer im Widerspruch zum europäischen Naturschutzrecht und zum Nationalparkgesetz steht. Würde man die Regelungen konsequent anwenden und sich auch auf die einschränkenden Bestimmungen des Bergbaugesetzes berufen, hätte man nach unserer Auffassung gute Chancen die Genehmigung für diese Bohrungen versagen zu können. Im Antrag sind hierzu die entsprechenden überwiegenden öffentlichen Interessen genannt, die einer Genehmigung entgegenstehen. Natürlich sind diese Interessenlagen auslegbar, aber wenn wir politisch diese Bohrungen verhindern wollen und hinter dem Nationalparkgedanken stehen, dann sollten wir alle Möglichkeiten ausschöpfen.

Der SSW hat immer gesagt, dass er den Kompromiss, überhaupt Erdölförderung von der Mittelplate aus zuzulassen, zwar mit trägt, aber dieser eigentlich im Gegensatz zur Zielsetzung des Nationalparks steht. Hier wird die Natur nicht nachhaltig genutzt, wie beispielsweise von Fischern oder Touristen, sondern hier werden Rohstoffe unwiederbringlich abgebaut – quasi ausgebeutet – und der Nationalpark permanent der Gefahr ausgesetzt, verschmutzt zu werden. Dass entspricht nicht dem Nationalparkgedanken.
Dies sehen die Menschen vor Ort auch so und auch die regionale Politik sieht dieses kritisch, wie auch der Kreistag Nordfriesland deutlich gemacht hat. Deshalb fordern auch wir die RWE Dea auf, auf neue Erdölbohrungen zu verzichten und stattdessen ein Szenario zu entwickeln, dass den Ausstieg aus der Erdölförderung im Nationalpark vorsieht.

Nach unserer Auffassung ist es jetzt wichtig, dass der Landtag ein Signal setzt und deutlich macht, dass er gegen diese Erdölbohrungen ist. Und die Landesregierung muss dies dann mit politischen Initiativen unterfüttern. Das heißt, sie muss als quasi Beteiligter gegenüber der Genehmigungsbehörde alle Bedenken deutlich machen, die bisher geäußert worden sind. Hierzu sollte sie eng mit der regionalen Ebene zusammen arbeiten. Dabei sollten nicht nur die Kommunalpolitik, sondern auch Naturschutzverbände, Tourismusverbände und andere Nutzer des Nationalparks zu Worte kommen. Und die Landesregierung muss über den Bundesrat dafür Sorge tragen, dass das Bundesbergbaugesetz geändert wird. Die Menschen und die betroffenen Organisationen müssen genauso mitreden dürfen, wie es auch notwendig ist, dass für einen solchen Eingriff in die Natur eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt wird.

Wir sind nun mitten im Antragsverfahren, damit das Wattenmeer ein Weltnaturerbe wird. Ich hoffe, dass in der Frage der Anerkennung auch die Erdölbohrungen eine Rolle spielen werden und diese so auf Druck der UNESCO verhindert werden. Eigentlich wäre es mit einem Weltnaturerbe nicht zu vereinbaren, wenn man die Erdölförderung noch ausweiten würde. Aber genau dies wird geschehen, wenn die Explorationsbohrungen zum Erfolg führen. Deshalb müssen wir abwägen: Wollen wir einen Nationalpark und ein Weltnaturerbe mit traditionellen Nutzungen; oder wollen wir Beliebigkeit mit maximaler Ressourcenausbeutung. Für den SSW ist die Wahl klar: Wir wollen den Nationalpark und das Weltnaturerbe erhalten. Und nur traditionelle Nutzungen in einem nachhaltigen Umfang sowie der Küstenschutz haben dort ihren Platz.

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