Rede · 14.11.2002 Baukultur in Schleswig-Holstein
Die Große Anfrage zur Baukultur in Schleswig-Holstein fällt auf einen trocknen Stein. Denn meines Wissens ist es das erste Mal, dass der Versuch unternommen wird, das Bauen ganzheitlich unter dem Gesichtspunkt Baukultur zu betrachten. Dafür danken wir der antragstellenden Fraktion und wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums, die für die Beantwortung dieser Großen Anfrage zuständig waren. Sie wird eine Handreichung für alle sein, die sich mit Bauen, Städtebauplanung und Stadtentwicklung befassen.
Baukultur, so wie der Begriff definiert wird, ist auch ein Ansatz im Sinne der Agenda 21. In dieser Tagesordnung geht es darum - wir haben in diesem Hause dazu mehrfach Debatten geführt - dass sich weder unser soziales Zusammenleben noch die Ressourcen, die wir dafür nutzen, zu Lasten unserer Nachkommen auswirken dürfen. Wir haben eine Verantwortung für unsere gemeinsame Zukunft. Und wir können nicht so leben oder bauen, als könnten wir uns eine neue Erde kaufen, wenn wir diese verbraucht haben. Dies heißt wiederum, dass wir auch eine Verpflichtung haben, die historische Dimension unseres Bauens nicht auszublenden. Das bedeutet zum einen, dass Denkmalschutz und Denkmalpflege genau so ein Bestandteil unserer Baukultur ist wie die Arbeit des schleswig-holsteinischen Archivs für Architektur- und Ingenieurbaukunst.
Gestatten Sie mir hierzu eine kleine Bemerkung - die Konstruktion dieses Archivs hat aus Sicht des SSW Vorbildcharakter - denn die auf Seite 48 geschilderte Kooperation mit dem Landesarchiv ist zukunftsweisend. Auch ein Wirtschaftsarchiv könnte nach diesem Modell eingerichtet werden. Das wäre auch unter dem Geschichtspunkt Baukultur wünschenswert.
Baukultur als ganzheitlicher Ansatz definiert, heißt somit auch, dass wir eine Fülle von Informationen erhalten über unser Bauwesen, über Planungsinstrumente, Förderprogramme und politische Zuständigkeiten. In der Kürze der Zeit ist es mir aber nur möglich ein paar Aspekte herauszugreifen. Damit will ich sagen, dass es noch Fragen gibt, die ich gerne in der Ausschussberatung vertieft haben möchte.
Der SSW begrüßt, dass die Landesregierung selbst auf den möglichen Konflikt zwischen dem Ziel Sparsamkeit und Deregulierung einerseits und der Forderung nach Qualität und Wahrung einer demokratischen Planungskultur aufmerksam macht. Und dieser Zielkonflikt wird sich in dieser Zeit der leeren öffentlichen Kassen ausweiten. Mit anderen Worten: Wenn wir wollen, dass unsere Städte auch weiterhin Ausdruck für Baukultur sein sollen, dann dürfen wir nicht einknicken und alles - im heiligen Namen der Deregulierung - dem Markt überlassen. Auf Seite 52 wird diese Problematik indirekt unter der Überschrift Projektbezogene Zusammenarbeit mit privaten Investoren (public privat partnership) angesprochen. Zurecht wird darauf aufmerksam gemacht, dass Städte und Gemeinden häufig nicht mehr in der Lage sind wesentliche Aufgaben der Stadtentwicklung allein zu bewältigen. Dieses gelingt dann nur unter Zuhilfenahme privaten Engagements und Kapitals. Wer die Debatte in Flensburg über den Bau der Südermarktpassage aus nächste Nähe mitverfolgt hat, bekommt diese Problematik in ihrer vollen Breite als Lernstück vorgeführt - einschließlich der Unsicherheit, ob der gewählte Investor auch finanziell dazu im Stande ist zu halten, was er verspricht.
Ein anderer Aspekt, der in der Antwort der Landesregierung aufgegriffen wird, ist die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. In meiner eigenen Gemeinde ist dieses gerade bei der Planung von Neubaugebieten mit großem Erfolg geleistet worden - zuletzt bei dem Wohngebiet Himmernmoos - wo die Gemeinde gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen eine Zukunftswerkstatt durchführte. Es handelt sich hierbei um ein Neubaugebiet, das auch in anderer Hinsicht bemerkenswert ist, weil dort in erster Linie Niedrig-Energie-Häuser gebaut werden. Der Zusammenhang Bauen und Energie wird im übrigen auch in anderen Punkten der Großen Anfrage problematisiert. Damit meine ich die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen. Hier würde ich im Ausschuss auch gerne nachfragen, was aus den Bestrebungen der Arbeitsgemeinschaft - das Bauen zu verbilligen - geworden ist. Eine ausführlichere Beratung hätte ich auch zum Abschnitt Windkraft und Repowering. Denn wir wissen alle, dass gerade dieser Punkt weiterhin konfliktträchtig ist. Oder zum Beispiel die Problematik der Förderprogramme und die Unterfütterung mit Finanzmitteln.
Das waren im Pferdegalopp einige Fragestellungen, zu denen die Große Anfrage einlädt. Auch wenn vieles mehr einen Kommentar verdient hat, reicht die Zeit jedoch nicht aus.