Rede · 26.09.2024 Es geht auch um die große Aufgabe der Integration!

„Es könnte nämlich ein riesiger Gewinn sein, wenn sich die Ausländerbehörden zu Integrationsbehörden entwickeln könnten. Und das können sie erst, wenn sie von der Aufgabe der Rückführungen entlastet werden würden.“

Lars Harms zu TOP 17 - Irreguläre Migration entschlossen eindämmen (Drs. 20/2463)

Vielleicht muss man die Diskussion erst einmal wieder auf die Füße stellen. Beim Thema Migration geht es nicht nur um Abschiebungen von straffällig gewordenen Personen, sondern um die Frage, ob wir dann wirklich alle abschieben wollen, wie es auf einer Wahlparty der Jugendorganisation der AfD skandiert wurde. Ich sage das auch, weil ich eine Diskursverschiebung fürchte, wenn man Abschiebewünsche, Grenzschließungen oder auch die Forderung nach einem besseren Rückführungsmanagement auch mit mutmaßlich islamistischen Taten begründet.

Der Verweis auf die mutmaßlich islamistische Tat von Solingen, bei der ein Mann mit einem Messer drei Menschen getötet und acht teils lebensgefährlich verletzt hat, zeichnet ein verzerrtes Bild. Ich sage das vor allem in die Richtung der Menschen, die vor genau jener Art von Terror, vor Islamismus, religiösem Fanatismus und Gewalt zu uns geflohen sind. Es kann nicht sein, dass Menschen, die vor Terror geflohen sind, wegen eines Terroraktes in Deutschland abgeschoben werden sollen. Sie können also merken, wir sehen die Fragestellung etwas differenzierter.

Und es ist auch klar, dass Menschen, die keinen Aufenthaltstitel bei uns bekommen werden, zurückkehren müssen. Am besten mit einem guten Angebot, sodass sie in ihrem Herkunftsland wieder gut Fuß fassen können. Und das ist für uns der eigentliche Grund, warum auch wir eine Zentralisierung in diesem Bereich wünschen. Alles aus einer Hand, wie in Hamburg, würde es uns ermöglichen, den Betroffenen schnell und unkompliziert gute Angebote zu machen und auch die eigentliche Ausreise humaner zu gestalten. Genau das muss doch das Ziel mit einem zentralen Rückführungsmanagement sein. Die Landesregierung hat angekündigt, sämtliche Daten der Ausreisepflichtigen an einer Stelle zusammenfassen zu wollen. Dann macht es doch nur Sinn, auch die Ausreise selbst – freiwillig oder erzwungen – zentral zu organisieren. Wir könnten an einer Stelle die Professionalität bei freiwilligen Ausreisen und bei den nötigen Abschiebungen zusammenfassen und so wirklich effektiv arbeiten.

Aber bei einer Umstrukturierung unserer Behörden darf es aus unserer Sicht nicht nur um Ausreisen gehen. Es muss auch um Hilfestellungen im Integrationsprozess gehen, um Sprachkurse, um Spurwechsel, um Chancen, um Vermittlung in Ausbildung und Arbeit gehen. Ich sehe durchaus Potenzial darin, Verfahren zu bündeln. Auch für uns als SSW geht es darum, Verwaltungsabläufe weiter zu professionalisieren und die Ausländerbehörden zu entlasten. Aber man sollte hier nicht nur in die eine Richtung denken. Es könnte nämlich ein riesiger Gewinn sein, wenn sich die Ausländerbehörden zu Integrationsbehörden entwickeln könnten. Und das können sie erst, wenn sie von der Aufgabe der Rückführungen entlastet werden würden. Wir haben bei den Menschen, die zu uns geflüchtet sind, ein Potenzial, dass wir im beiderseitigen Interesse nutzen können. Die Menschen müssen hierbleiben dürfen und vor allem schnell in Arbeit gebracht werden.

Wir sprechen hier über Menschen, die sich sozusagen formalrechtlich rechtens in Deutschland aufhalten. Denn Gründe für nicht stattfindende Rückführungen bei vollziehbar ausreisepflichtigen Personen sind vor allem eins: Duldungen. Selbst wenn ein Asylantrag abgelehnt wird, kann es gute Gründe geben, um Duldungen für die antragsstellenden Personen auszusprechen. Die FDP-Fraktion hatte das ja sogar einmal selbst abgefragt; deswegen einmal zur Erinnerung: In Schleswig-Holstein greifen vor allem die sogenannten Duldungen nach §60a und §60b Aufenthaltsgesetz angeführt – zumindest für die Personen, für die das LAzuF zuständig war. Also die Duldung aus humanitären und völkerrechtlichen Interessen, oder die Duldung aufgrund ungeklärter Identität. „Humanitäre und völkerrechtliche Interessen“ klingt manchmal etwas trocken, ich möchte es daher plastisch machen: Es geht in diesen Fällen um konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit. Und diese Menschen sollen, ohne unnötige Repressalien, bleiben können.

Und deshalb ist eine reine Debatte, die sich nur um Abschiebung, Ausreise und Grenzschutz kümmert, zu kurz gesprungen. Es geht auch um die große Aufgabe der Integration!

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