
Pressemitteilung · Kiel · 31.07.2025 Kieler Haushaltslage: Realismus statt Wunschdenken
Zur Vorstellung des Haushaltsentwurfs 2026 durch die Stadtverwaltung erklärt Ratsherr Marcel Schmidt, Vorsitzender der SSW-Ratsfraktion Kiel:
„Die finanzielle Situation der Kommunen in Deutschland ist dramatisch schlecht. Ich möchte an dieser Stelle aus der Hannoverschen Erklärung des Deutschen Städtetags zitieren: ‚...Die finanzielle Situation der Kommunen muss sich grundlegend verbessern. Aus dem Rekorddefizit des vergangenen Jahres von fast 25 Milliarden Euro werden die Städte aus eigener Kraft nicht mehr herauskommen. Die Kommunen tragen ein Viertel der staatlichen Ausgaben, haben aber nur ein Siebtel der staatlichen Einnahmen. Das geht so nicht mehr.... ‘
Bund und Länder müssen die Finanzausstattung der Kommunen grundlegend und nachhaltig verbessern. - Aber das hilft dem Kieler Haushalt zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht...
Mit einem geplanten Defizit von über 100 Millionen Euro und einem sich abzeichnenden strukturellen Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben steht Kiel vor einer ernsthaften finanziellen Herausforderung. Die zunehmende Verschuldung – sowohl kurzfristig durch Kassenkredite als auch langfristig durch Investitionskredite – macht deutlich, dass die bisherigen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung nicht ausreichen. Die Aussicht, bis 2029 wieder einen Haushaltsausgleich zu erreichen, bleibt angesichts der unklaren Rahmenbedingungen eine optimistische Projektion. Besonders irritierend ist dabei, mit welcher Selbstverständlichkeit neue Großprojekte ins Spiel gebracht werden, ohne dass klar ist, wer Entscheidungen dazu trifft – Verwaltung, Politik oder Bürger*innen.
Wir begrüßen grundsätzlich, dass die Verwaltung sich um Konsolidierung bemüht. Doch wir sehen mit Sorge, dass insbesondere über steigende Gebühren und Belastungen für Bürgerinnen und Bürger diskutiert wird. Die letzte Ratsversammlung hat bereits gezeigt, dass zum Beispiel Erhöhungen bei den Elternbeiträgen zur Kinderverpflegung nicht der richtige Weg sein können. Wer ernsthaft meint, durch ständiges Drehen an der Gebührenschraube den Haushalt sanieren zu können, verkennt die soziale Realität vieler Menschen in Kiel. Vor diesem Hintergrund ist es völlig unverständlich, dass wichtige Instrumente wie die Übernachtungssteuer so schleppend behandelt werden, obwohl sie nachweislich Einnahmen generieren könnten, ohne soziale Härten zu verschärfen.
Der Haushalt 2026 zeigt unmissverständlich: Es wird nicht alles gleichzeitig gehen. Mobilitätswende, Olympia, Stadionumbau, neue Infrastrukturprojekte wie die Hörnbrücke oder das Meeresvisualisierungszentrum – all das braucht Geld und Prioritätensetzung. Unser Appell: Die Stadt muss realistisch bleiben, die Bürger*innen stärker einbinden und ihre politischen Lieblingsprojekte kritisch hinterfragen. Wer jetzt zu viel verspricht, gefährdet die Glaubwürdigkeit der gesamten Stadtpolitik. Ein realistischer Weg aus der Haushaltskrise kann nur als gemeinsame Stadtgesellschaft funktionieren, ohne dabei das Soziale aus den Augen zu verlieren.“