Rede · 18.06.2025 Die Hochschulen brauchen zukunftsfeste Zusagen

„Es handelt sich faktisch um eine Anhebung der Studiengebühren, die sich in einem Gesetz mit vielen Paragrafen versteckt. Die Proteste der Studierenden sind laut und, wie ich finde, berechtigt, weil die soziale Situation der Mehrheit der Studierenden nicht gerade rosig ist. Da tun 60 Euro richtig weh.“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 2 - Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Gesetze (Drs. 20/3279)

Den Hochschulen soll mehr Selbständigkeit und Wettbewerbsfähigkeit gewährt werden; und zwar in höherem Maße. Dieses Ziel teilen wir alle.  Die hiesigen Hochschulen haben nämlich individuelle, regionale Profile, unterschiedliche Ziele und nicht zuletzt verschiedene Schwerpunkte. Darum ist es gut, wenn die Hochschulen selbständig über Maßnahmen und Umsetzungsformen entscheiden können, die sie betreffen.
Könnten! 
Dieses Gesetzespaket widerspricht aber dieser Zielsetzung, obwohl das Ministerium selbst genau dieses Ziel dem Gesetz vorangestellt hat. Denn die Hochschulen bekommen nur in wenigen, kleinen Bereichen mehr Autonomie, beispielsweise bei den Fristen für wissenschaftliche Hilfskräfte. Einzelne Vereinfachungen sind tatsächlich überfällig und sollen beispielsweise die Berufsverfahren vereinfachen und gleichzeitig gerichtsfest machen. Das ist gut und richtig. Ansonsten wird den Hochschulen ein Verwaltungsbeitrag zugemutet, den sie selbst eintreiben müssen, für den sie erhebliche Proteste ernten und von dem sie keineswegs die gewünschte Freiheit erhalten werden. Es handelt sich faktisch um eine Anhebung der Studiengebühren, die sich in einem Gesetz mit vielen Paragrafen versteckt. Die Proteste der Studierenden sind laut und, wie ich finde, berechtigt, weil die soziale Situation der Mehrheit der Studierenden nicht gerade rosig ist. Da tun 60 Euro richtig weh. 
Eigentlich müssten wir die Studierenden angesichts der anstehenden Pensionierungswellen ermutigen, anstatt sie vom Studium abzuhalten.  Die Landesregierung tut aber genau das!
Aber auch Professoren und Hochschulleitungen sind inzwischen sehr frustriert über die Signale aus Kiel. Sie fühlen sich nicht gehört und sie wissen in vielen Fachbereichen nicht, wie es weitergehen kann. Zukunftsfeste Zusagen fehlen nämlich in dem Gesetzesvorhaben. Inzwischen ist es so weit, dass kleine Fächer mit weniger Studierenden Angst um ihren Bestand haben. Und das unabhängig von der wissenschaftlichen Reputation der Einrichtungen. Ich möchte ein Beispiel anführen, das mir als Minderheitenpolitikerin besonders am Herzen liegt: Das Zentrum für kleine und regionale Sprachen; kurz KURS. Kurs hat sich an der Europauniversität Flensburg unter seiner Direktorin Karoline Kühl zu einem international anerkannten Forschungsbereich gemausert. In dieser Woche läuft eine international hochkarätig besetze Konferenz zur sogenannten Sprachreinheit. Und genau dort geht jetzt die Furcht vor Kürzungen um. Wie lange werden Friesisch und Dänisch, Plattdeutsch und die Forschung zu Sønderjysk noch bestehen, wurde ich letztens als hochschulpolitische Sprecherin gefragt. Ich finde, dass wir die Ängste ernst nehmen sollten, bevor sich die ersten Fachleute wegbewerben. Mit der Sicherheit schindet die Attraktivität für die Studiengänge für die Studierenden, die sich am Studienbeginn nicht mehr sicher fühlen, ob sie noch einen Abschluss in diesen Fächern machen werden. Die regionale Vielfalt, die in Deutschland ihresgleichen sucht, gerät damit in eine Schieflage, vor der eigentlich die Verfassung steht. 
Eigentlich.
Die Bedenken gegen die Novelle konnten im Ausschuss bislang nicht entkräftet werden: weder gegen die versteckte Verteuerung des Studiums noch gegen weitere Kürzungswellen an den Hochschulen. 
Ich bin aber davon überzeugt, dass wir gemeinsam auf Grundlage der vorgeschlagenen Änderungen einen guten Kompromiss erarbeiten können; aber ich bin mir genauso sicher, dass wir sehr viele Änderungen der Änderungen vornehmen müssen, damit Hochschulen und Studierende wieder optimistisch in die Zukunft schauen können.

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