Rede · 16.10.2025 Die Regionalentwicklung gehört auch künftig in die Regionen

„Sollte die Mittelverwaltung wie von Brüssel geplant auf die nationale Ebene verlagert werden, dann werden wir sehen, dass längst nicht mehr alle Regionen in gleichem Umfang zum Zuge kommen. Dagegen muss die Landesregierung in aller Deutlichkeit Stellung beziehen!“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 11 EU-Finanzplanung nicht zu Lasten der Regionen (Drs. 20/3527, Drs. 20/3679)

Die Europäische Union steht aktuell, ebenso wie ihre Mitgliedstaaten, vor großen Herausforderungen. Der kommende EU-Haushalt ist genauso knapp gestrickt wie die meisten nationalen Haushalte und das bei steigenden Kosten. Und doch schauen viele Staaten nach Brüssel in der Hoffnung auf Finanzierung für Maßnahmen und Projekte. Der EU-Finanzkommissar stellte dazu kürzlich fest, dass der gesamte europäische Haushalt etwa so groß sei, wie der dänische Staatshaushalt. Die Handlungsfähigkeit Brüssels sei folglich begrenzt. Zusammengenommen etwa 70 Prozent der Mittel aus Brüssel fließen in die Agrar- und Regionalförderung. Diese beiden Fördertöpfe will man nun für die neue Finanzperiode ab 2028 zusammenlegen, um besser auf kurzfristige finanzielle Herausforderungen reagieren zu können. Das aber ist der falsche Weg! Die Mittel werden vor Ort in den Regionen gebraucht und dürfen nicht als politisches Sparschwein verwendet werden. Natürlich muss Brüssel handlungsfähig sein, um Herausforderungen wie die Pandemie oder den Krieg gegen die Ukraine stemmen zu können. Aber nicht zu Lasten der europäischen Regionen. Unbestritten ist, dass vor allem die Regionalförderung schlanker und schlagkräftiger aufgestellt werden muss. Man kann mit Recht fragen, wie viele Einzelprogramme es geben soll und ob die Strukturen vereinfacht werden können. Aktuell fließen etwa 50 Prozent der Programmmittel in die Verwaltung der Programme. Da ist ohne Frage etwas aus dem Ruder gelaufen. Die Mittel sollen in den Projekten ankommen und nicht immer neue Büros mit Verwaltungsmitarbeitenden finanzieren. 
Sollte die Mittelverwaltung wie von Brüssel geplant auf die nationale Ebene verlagert werden, dann werden wir sehen, dass längst nicht mehr alle Regionen in gleichem Umfang zum Zuge kommen. Dagegen muss die Landesregierung in aller Deutlichkeit Stellung beziehen. Die europäische Regionalförderung muss in den Regionen bleiben. Und es muss weiterhin verschiedene Förderschwerpunkte geben. Einfach nur ein Topf Geld mit dem Label „Regionale Entwicklung“ genügt auch für die Zukunft nicht. Dann werden Wirtschaftsförderung und Infrastrukturprojekte profitieren, während soziale Projekte, Bildungsförderung, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, aber auch Projekte für die strukturschwachen Räume zurückstehen müssten.

Europa braucht Bürgerinnen und Bürger, die bereit sind, für Europa einzustehen, die den Wert Europas erkennen. Möglichst viele Menschen müssen Europa kennenlernen und sie müssen andere Europäerinnen und Europäer kennenlernen. Das ermöglichen die europäischen Förderprogramme. Über Bildungsprojekte, soziale Projekte, Regionalförderung. Die Interreg-Programme sind für das Zusammenleben in den Grenzregionen von hohem Wert und dürfen nicht nach Berlin delegiert werden. Und doch kann man sicherlich pragmatisch überlegen, ob nicht Fördertöpfe zusammengefasst werden könnten. Wäre Interreg ein Teil der EFRE-Förderung, könnte man daraus künftig vielleicht auch grenzüberschreitende Infrastrukturen finanzieren. Nicht jede Veränderung müsste hier ein Rückschritt sein. 
Klar ist: die Verwaltungsaufwände und Kosten müssen runter, damit der Nutzen für die Menschen vor Ort steigt. Das kann man durch eine Zusammenlegung ähnlicher Programme erreichen, nicht aber dadurch, dass Regional- und Agrarförderung in einen Topf geworfen werden. Und auch nicht durch eine Zentralisierung. Das würde nur neue bürokratische Strukturen schaffen und in der Folge kämen noch weniger Mittel in der Fläche an. Dagegen müssen wir uns wehren, die Regionalentwicklung gehört auch künftig in die Regionen!

 

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