Rede · 17.07.2024 Für eine bezahlbare und vor allem menschliche Pflege

„Ein bescheidener, aber wichtiger Beitrag für eine menschenwürdige Pflege“

Christian Dirschauer zu TOP 22 - Schonvermögen bei Pflegewohngeld erhöhen (Drs. 20/2319)

Zumindest die pflegepolitisch Interessierten unter uns werden wissen, dass dieser SSW-Antrag nicht der erste ist, der die ausufernden Eigenanteile in der Pflege aufgreift. Doch egal ob es, wie heute, um ein erhöhtes Schonvermögen beim Pflegewohngeld oder um die grundsätzliche Investitionskostenübernahme durch das Land geht: Wichtig ist, dass wir hier endlich überhaupt mal für ein wenig Entlastung sorgen! Denn das Problem steigender Kosten und damit auch steigender Eigenanteile in der Pflege spitzt sich immer weiter zu. Der Verband der Ersatzkassen hat gerade wieder Zahlen veröffentlicht, nach denen diese im Vergleich zum Vorjahr um 6,1 Prozent gestiegen sind. Damit zahlen Pflegebedürftige oder ihre Angehörigen im ersten Jahr im Pflegeheim mittlerweile durchschnittlich 2647 Euro pro Monat. Das mag im Ländervergleich vielleicht noch günstig sein. Aber es übersteigt leider die finanziellen Möglichkeiten von immer mehr Pflegebedürftigen und immer mehr Angehörigen.

Man kann es nicht anders sagen: Die Tatsache, dass bei uns im Land gleichzeitig fast jeder fünfte Mensch im Heim auf Hilfe vom Sozialamt angewiesen ist, ist ein echtes Armutszeugnis. Wenn wir mit unserem Antrag beim Schonvermögen für diejenigen ansetzen, die Pflegewohngeld erhalten, dann ist das wirklich die Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Oder anders formuliert: Ein fast schmerzhaft pragmatischer Versuch, im bestehenden System eine kleine soziale Härte abzufedern. Denn anspruchsberechtigt sind ohnehin nur die Pflegebedürftigen, bei denen die Kosten der Sozialhilfe bereits übernommen werden. Also Menschen, die außer ihrem wenigen Ersparten keine nennenswerten Ressourcen haben. Und hier müssen wir uns eins klarmachen: Diese Rücklagen brauchen die Betroffenen oftmals einfach für einen halbwegs würdevollen Rahmen bei der eigenen Bestattung.

Aus Sicht des SSW ist es das Mindeste, dass Menschen nicht erst sprichwörtlich ihr letztes Hemd geben müssen, bevor sie Leistungen wie das Pflegewohngeld in Anspruch nehmen können. Aber wenn ich ehrlich bin, dann halte ich auch unsere Forderung nach einer vollen Übernahme der Investitionskosten in der stationären Pflege weiterhin für richtig. Denn eine solche Finanzierung der in den Eigenanteilen enthaltenen Investitionskosten würde die Betroffenen um durchschnittlich 533 Euro monatlich entlasten. Das ist echtes Geld und vor allem auch deshalb fair, weil ein Beitrag durch die Länder ja durchaus gesetzlich vorgesehen ist. Doch weil es sich beim Paragrafen 9 des SGB 11 um eine Kann-Regelung handelt, drückt sich auch Schleswig-Holstein vor dieser Mitverantwortung. Wir bleiben aber dabei: Das Land muss diese Möglichkeit nutzen und die so genannten „betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen“ der Heime fördern. Das würde nicht nur das Pflegewohngeld überflüssig machen, sondern auch die Verwaltung entlasten.

Keine Frage: Natürlich wünschen wir uns eine bezahlbare und dabei vor allem menschliche Pflege für alle Betroffenen. Gleichzeitig ist völlig klar, dass es eine Mammutaufgabe ist, Pflege zukunftsfest, qualitativ hochwertig und solidarisch zu organisieren. Doch egal ob stationär oder in der Pflege durch Angehörige: Schon heute droht immer mehr Menschen Armut durch Pflegebedürftigkeit. Hier müssen wir auch als Land gegensteuern und dringend daran arbeiten, dass Pflege endlich als gesamtgesellschaftliche Aufgabe anerkannt und auch entsprechend finanziert wird. Und neben den ganz großen systemischen Fragen in Richtung einer solidarischen Pflegevollversicherung muss die Landesregierung endlich auch ins konkrete Handeln kommen. Ein pragmatischer, und wie ich finde, bescheidener Vorschlag liegt mit unserem Antrag vor. Im Sinne der Betroffenen kann ich da nur sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und Grünen, geben Sie sich einen Ruck und folgen Sie unserem Antrag!

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