Rede · 21.06.2002 Futter- und Lebensmittelkontrollen

Das erste was in Zusammenhang mit dem Nitrofen-Skandal auffällt ist, dass der Umfang des sogenannten Skandals eher gering ist, aber die Panikmache dafür um so größer Da sollte man doch den Ball flach halten. Ich sage dies deshalb so deutlich, weil ich das Gefühl habe, dass in Deutschland der Hang zur Panik und Selbstzerfleischung außergewöhnlich groß sein muss. Nun mag dies mit der Darstellung in den Medien zusammenhängen, aber das kann nicht die einzige Erklärung sein. Schon in Zusammenhang mit BSE und MKS habe ich feststellen können, dass man mit diesen Krisen in anderen Ländern anders umgegangen ist und dort wesentlich ruhiger und abgeklärter mit den jeweiligen Problemen umgegangen ist.
Was ist nun eigentlich geschehen. Da werden in Tieren und Futtermitteln Spuren von Nitrofen gefunden, einem Zusatzstoff der seit über 10 Jahren verboten ist. Man würde jetzt meinen, man verfolgt die Spur, klärt den Fall auf und zieht mögliche Schuldige zur Rechenschaft. Aber weit gefehlt. Natürlich tut man auch das, aber man versucht vor allem diese Nitrofen-Funde öffentlich auszuschlachten.
So wie man zur BSE-Krise auf die konventionelle Landwirtschaft einschlug, lässt man es sich nun nicht nehmen, sich die Öko-Landwirte vorzunehmen. Die Schlammschlacht gipfelt in der Aussage des Bundestagsabgeordneten Peter-Harry Carstensen, der sagte (ich zitiere): „Nachdem Verbraucherschutzministerin Künast diese Branche über den grünen Klee gelobt hat, kann ich aber auch klammheimliche Genugtuung nicht verhehlen, dass der Öko-Landbau wieder auf den Teppich geholt wird.“ Da freute sich also ein Landesvorsitzender einer großen Partei im Agrarland Schleswig-Holstein, dass es Teilen der Landwirtschaft schlecht geht. Solche Aussagen sind in meinen Augen mindestens genauso schädlich für die Landwirtschaft, wie die panischen und verurteilenden Aussagen in der BSE-Krise.
Ich glaube, wir sollten alle mit etwas mehr Abgeklärtheit an Probleme wie die Nitrofen-Funde herangehen, da wir sonst der Landwirtschaft als Gesamtheit schaden.
Beim Nitrofen-Skandal wurde vor allem eines wieder deutlich. Die Kontrollsysteme in Deutschland sind immer noch nicht aufeinander abgestimmt. Um eine erste Gewissheit zu erlangen, musste erst einmal herausgefunden werden, auf welche Art und Weise die betroffenen Futtermittel bisher untersucht worden waren, was entsprechende Zeit gekostet hat. In Schleswig-Holstein wäre das Nitrofen in der Lebensmittelkontrolle und auch in der Futtermittelkontrolle aufgefallen, weil entsprechende Testverfahren angewandt werden. Andere Schadstoffe können aber möglicherweise bei uns nicht gefunden werden, sind dafür aber in anderen Bundesländern im jeweiligen Testverfahren enthalten. Wir werden mit Sicherheit keine hundertprozentige Sicherheit vor allen Gefahrstoffen erhalten können, aber die Testverfahren sollten nach Möglichkeit bundeseinheitlich sein, um Zeit gewinnen zu können.
In diesem Zusammenhang muss auch wieder, zumindest mittelbar, die Frage diskutiert werden, ob wir uns verschiedene Qualitätssicherungssysteme in der Bundesrepublik leisten können oder ob es nicht besser ist, einheitliche Systeme aufzubauen. Das bundesweite Öko-Siegel und das kommende bundesweite konventionelle Siegel zu übernehmen, wäre nach meiner Meinung der beste Weg. Das schließt nicht aus, dass man in bestimmten Bereichen noch Verbesserungen erreichen kann, aber das Ziel muss sein, europaweit nach einheitlichen Kriterien zu testen und zu bewerten. Erst dann sind auch europaweit einheitliche schnelle Kontrollen der Futter- und Lebensmittel möglich.
Der Schritt von Frau Künast, nun den Grenzwert des Pflanzengiftes Nitrofen in Kleinkind- und Säuglingsnahrung zu verschärfen, ist zwar in Ordnung, hat aber mit den Ursachen des derzeitigen Problems nichts zu tun. Ich erwarte, dass hier auch problembezogene Schritte folgen. Daran muss sich Frau Künast messen lassen.

In Schleswig-Holstein war positiv festzustellen, dass das schleswig-holsteinische Landwirtschaftsministerium und das Umweltministerium wieder schnell und zuverlässig gehandelt haben, als es darum ging die Faktenlage in bezug auf Schleswig-Holstein aufzuklären. In diesem Zusammenhang müssen wir aber auch dem verantwortungsbewussten Landwirt in Wrist dankbar sein, der eine Lieferung von Futtermitteln aus Malchin direkt gemeldet hat.
Zu den Funden in Malchin ist zu sagen, dass ich persönlich nicht davon ausgehe, dass die Halle in Malchin die einzige Quelle der Nitrofen-Verunreinigungen sein kann. Bei der Menge der verunreinigten Futtermittel liegt die Vermutung nahe, dass doch mehr Quellen vorhanden sein müssen. Aber egal ob es sich um ein Versehen oder kriminelle Handlungen handelt - wir müssen feststellen, dass die Verunreinigungen vom Umfang her ein relativ kleines Problem darstellen und diese daher auch als ein solches behandelt werden sollten, um nicht eine ganze Branche in Verruf zu bringen. So schlecht wie ihr derzeitiger Ruf ist die Land- und Ernährungswirtschaft nicht.

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