Rede · 15.10.2025 Heimische Eiweißpflanzen können die ökologische Bilanz verbessern
„Bereits in der Küstenkoalition wurde die Problematik erkannt und so haben wir im Jahr 2013 einen Antrag – Drs. 18/1386 – eingereicht, mit dem Ziel eine Strategie für heimische Eiweißpflanzen zu entwickeln, um den Anbau von Eiweißpflanzen in der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein zu erhöhen. Quasi das, was die Regierungskoalition jetzt in ihrem Antrag fordert.“
Dr. Michael Schunck zu TOP 10 - Regional statt global: Heimische Eiweißpflanzen als ökonomische Chance nutzen (Drs. 20/3497)
Im Antrag, über den wir hier sprechen heißt es, „Heimische Eiweißpflanzen als ökonomische Chance nutzen“. Ich finde, es geht hierbei gar nicht allein darum, den regionalen Anbau von Eiweißpflanzen aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten, sondern auch einen ökologischen Aspekt in die Überlegungen mit einzubeziehen.
Es ist richtig, dass für unsere heimische Tiermast viel Protein in Form von Sojaschrot importiert werden muss. Der „Protein gap“ oder auch „Eiweißlücke“ genannt, beschreibt genau den Anteil des Futters am Gesamtfutteraufkommen, das für die Versorgung unseres Viehbestandes im Land nur durch Importe gedeckt werden kann.
Aber was bedeutet das genau?
Entweder haben wir in der eigenen Eiweiß-Futtermittelproduktion ein Defizit, das wir mit Importware ausgleichen müssen. Oder unser Viehbestand ist zu groß, um die Bedarfe durch eigenen Anbau decken zu können.
Deshalb müssen wir hochwertige Proteinfuttermittel, wie beispielsweise Soja, Sojabohnen oder Sojaschrot, importieren, um die Bedarfe hier bei uns in Deutschland zu decken.
Die Hauptlieferanten von Sojabohnen und Sojaschrot sind Nord- und Südamerika. Deutschland importiert jährlich rund 6 Mio. Tonnen Sojaprodukte. Aus mehreren Gründen wird dieser Import schon seit Jahren kritisch gesehen. Gerade in Südamerika, insbesondere in Brasilien, werden große Waldflächen gerodet, um neue Anbauflächen zu schaffen. Der Transport über den Atlantik verursacht einen hohen CO2-Fußabdruck, was wiederum schlecht für die Klimabilanz ist.
Außerdem wird Soja, um eine Resistenz gegen Schädlinge oder Herbizide zu erhöhen und um die Pflanzen widerstandsfähiger gegen Umweltbedingungen wie Dürren zu machen, immer weiter genetisch verändert.
Angesichts der Diskussionen und dem Verbraucherwunsch nach gentechnikfreien Produkten, ist dieser Aspekt nicht unerheblich. Und auch die schlechte Umweltbilanz durch die Überseeimporte sehen wir als wichtigen Aspekt, die Produktion von Eiweißlieferanten im eigenen Land zu stärken.
Als SSW begrüßen wir daher den vorliegenden Antrag der Koalition, die Eiweißpflanzenproduktion hier im Land weiter auszubauen, aufbauend auf der Eiweißstrategie des Bundes.
Die Gründe dafür sind durchaus vielfältig. Eiweißpflanzen in der Fruchtfolge einzubeziehen, wirkt sich positiv auf die Kohlenstoffbilanz aus, führt zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und der Humusbildung und dient ganz nebenbei durch die Knöllchenbakterien der Stickstofffixierung aus der Umgebungsluft. Das führt letztlich dazu, dass die Stickstoffausbringung auf der Fläche verringert werden kann, was wiederum Geld spart und den Eintrag von Nitrat und Nitrit aus einer übermäßigen Gülleausbringung kann ebenfalls reduziert werden. Ein aus ökologischer Sicht sehr begrüßenswerter Aspekt.
Aus ökonomischer Sicht machen wir uns unabhängiger von Importwaren und stärken die heimischen Wertschöpfungsketten. Wir wissen, was wir produzieren und was wir unseren Tieren zu fressen geben.
Daher ist es nur richtig, dass wir für Schleswig-Holstein Maßnahmen ergreifen, um den Anbau von Eiweißpflanzen zu erhöhen. So weit so gut.
Allerdings müssen wir uns dabei auch ehrlich machen und uns eingestehen, dass wir den Bedarf für die Tiermast nicht allein durch eigenen Anbau werden decken können. Wir haben rund 650.000 Hektar Ackerland in Schleswig-Holstein und eine Fruchtfolge bedeutet in dem Fall, dass wir den Anbau von Eiweißpflanzen entsprechend austarieren müssen.
Seit 2012 gibt es die Eiweißpflanzenstrategie des Bundes. Bereits damals wurde die Problematik im Zusammenhang mit den Importen erkannt. Doch die heimischen Eiweißpflanzen konnten es weder quantitativ noch monetär mit Mais, Getreide, Zuckerrüben oder Raps aufnehmen. Auch das komplexe Anbaumanagement oder schwankende Erträge ließen den Anbau von Eiweißpflanzen zurückgehen. Mit dem Rückgang der Eiweißpflanzenproduktion schwanden wichtige Kenntnisse über Anbau, Produktion oder Neuzüchtung. Die schwindende Wettbewerbsfähigkeit führte entsprechend zu einer Negativ-Spirale unter den heimischen Eiweißpflanzen.
Diesen negativen Trend gilt es nun vor allem unter den aktuell herrschenden kosmopolitischen Herausforderungen zu durchbrechen und mit der Strategie des Bundes entsprechend gegenzusteuern.
Bereits in der Küstenkoalition wurde die Problematik erkannt und so haben wir im Jahr 2013 einen Antrag – Drs 18/1386 – eingereicht, mit dem Ziel eine Strategie für heimische Eiweißpflanzen zu entwickeln, um den Anbau von Eiweißpflanzen in der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein zu erhöhen. Quasi das, was die Regierungskoalition jetzt in ihrem Antrag fordert. Deshalb sind wir inhaltlich auch ganz bei der Koalition.
Denn konkurrenzfähig werden wir nur sein, wenn wir weiter in Züchtung, Anbautechniken und Produktion investieren. Dafür müssen wir den tiefen Teller aber nicht neu erfinden. Das vorhandene Leguminosen-Netzwerk bündelt das Wissen rund um Eiweißpflanzen und verfolgt das Ziel den Selbstversorgungsgrad in Deutschland zu steigern. Nur wenn es gelingt, auf Dauer ein konkurrenzfähiges Einkommen aus dem Anbau von Eiweißpflanzen zu sichern, können wir die Eiweißlücke verringern, die Importe reduzieren, unsere ökologische Bilanz verbessern und unseren Viehbestand nachhaltiger ernähren.