Rede · 26.04.2018 HSH-Nordbank wird nun in ruhigere Gewässer gelenkt

Lars Harms - TOP 2+10+49 Nachtrag zum Haushaltsplan 2018 & Veräußerung der Beteiligung an der HSH Nordbank AG

„Wir meinen, dass wir heute dem Verkauf zustimmen sollten, gerade auch zu einem so frühen Zeitpunkt, um ein positives Signal in den Markt zu senden!“

Entgegen der landläufigen Meinung, werden wir heute nicht den Abschluss der HSH-Nordbank-Rettung beschließen, sondern einen – wenn auch sehr großen und entscheidenden – Zwischenschritt. Wir werden weiter sehr viele Engagements unter der Kontrolle der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein behalten und diese Engagements nach und nach abbauen bzw. auslaufen lassen. Das heißt, wir sind noch lange nicht am Ende des Prozesses angekommen, aber wir können schon vorsichtig schätzen, wie stark uns die HSH-Nordbank-Rettung auch noch in den Folgejahren belasten wird.

Jeder wird natürlich aus seiner jeweiligen Sicht auf die HSH-Nordbank schauen und heute sagen, dass man es besser gewusst hätte. Wenn man ehrlich ist, dann kann man das so aber nicht mit aller Verbindlichkeit feststellen – zumindest nicht für den Rettungsprozess. Dort hat es mehrfach unterschiedliche Möglichkeiten des Handelns gegeben, aber niemand weiß, ob die damaligen Alternativen wirklich die besseren Lösungen gewesen wären.

Ich glaube, die Zusammenlegung der beiden Landesbanken der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein zu einer einzigen Bank, war 2003 die richtige Entscheidung, wenn es nur darum gegangen wäre, eine Bank zu gründen, die sich ausschließlich um die Förderung der Wirtschaft im weitesten Sinne gekümmert hätte. Mit diesem Ansatz, den andere Banken ja verfolgt haben, hätten wir niemals die großen Probleme bekommen. Man ist aber davon abgewichen und hat sich noch vor der Bankenkrise billiges Geld besorgt und in Geschäfte gesteckt, von denen man eigentlich nichts verstand und die dem eigentlichen Sinn der Bank völlig entgegenstanden. Das war der Kardinalfehler und den haben diejenigen zu verantworten, die damals im Vorstand und im Aufsichtsrat gesessen haben. Das soll die Politik nicht entschuldigen, weil man ja auch als Politik froh über die kurzfristig hohen Einnahmen aus diesen Geschäften war. Aber trotzdem waren es vor allem die Fachleute in den eben genannten Gremien, von denen man hätte erwarten können, dass sie das Schiff HSH-Nordbank sicher lenken. In anderen Landesbanken hat dies ja auch funktioniert.

Die Finanzierung dieser Geschäfte lief vorwiegend über das Eingehen von Verpflichtungen über die Gewährträgerhaftung. Sie lag zeitweise bei 165 Milliarden Euro und ist erst im letzten Jahr wieder in die Einstelligkeit, und damit in vergleichsweise überschaubare Bahnen, gesunken. Ein Verkauf der Bank in beispielsweise 2005 oder 2006, wie es ja manch einer damals gefordert hatte, hätte bedeutet, dass fremde Eigentümer die Geschäftspolitik und damit auch über unsere Haftung bestimmt hätten und wir wahrscheinlich in 2008 beim Crash der Banken die ganz große Rechnung hätten zahlen müssen. Private Eigentümer hätten die Bank sicherlich nicht mit ihren Eigenmitteln gerettet. Unsere Einschätzung ist, dass dieses Szenario noch weit mehr Geld gekostet hätte.

Man hat sich nach dem Bankencrash in 2009 für die Lösung entschieden, Geld nachzuschießen und für bestimmte Geschäfte quasi eine Bürgschaft zu übernehmen. Seinerzeit gab es noch die Möglichkeit, hier den Bund mit ins Boot zu nehmen. Nach unserer Einschätzung wäre dies schlau gewesen und wir hätten möglicherweise eine bessere Entwicklung der Bank gehabt. Aber ehrlicherweise können wir dies auch nicht beweisen, weil es solche Szenarien zu diesem Zeitpunkt so noch nie gegeben hat. 

Für uns stand aber damals schon fest, dass es notwendig sein wird, die Bank zu einem späteren Zeitpunkt auch zu verkaufen. An diesen Punkt gelangen wir nun nach einigem hin und her in den letzten Jahren. Wir hatten einen Untersuchungsausschuss mit einer Vielzahl an Erkenntnissen und wir hatten auch die Strafverfolgung von Menschen, die in den in Fragen kommenden Zeiten bei der HSH-Nordbank führende Positionen innehatten. Wir als Land hatten aber insbesondere die Aufgabe, die Bank in ruhigeres Fahrwasser zu lenken und danach auch auf den Verkauf der Bank hinzuwirken. Mein Eindruck ist, dass uns allen das mit wechselnden politischen Mehrheiten gelungen ist. Natürlich kostet uns als Land Schleswig-Holstein die Rettung der HSH-Nordbank viel Geld. Alleine der Verkaufsprozess wird am Ende mit rund fünfeinhalb Milliarden Euro zu Buche schlagen. Rechnet man noch die Kapitalnachschüsse und weitere Maßnahmen der vergangenen Jahre ein, liegt der Verlust für uns bei zirka siebeneinhalb bis acht Milliarden Euro. Hinzu käme noch der Wertverlust der Gesamtbank.

Dieser Verlust konnte aber nur so eingegrenzt werden, weil beide Bundesländer, Hamburg und Schleswig-Holstein, unter strenger Aufsicht und mit hoher Professionalität die Abwicklung der Bank gesteuert haben. Vergleichen kann man dies möglicherweise mit dem Szenario, wenn die Bank vor 2008 verkauft worden wäre. Wir hätten sicherlich einiges bekommen, aber alleine 2009 standen noch 65 Milliarden Euro Gewährträgerhaftung zu Buche, von denen 13 Milliarden auf das Land Schleswig-Holstein entfallen wären und auch die Sparkassen wären hier enorm geschädigt worden, was auch Auswirkungen auf die Wirtschaft gehabt hätte. Es gab also keine andere Wahl, als das Heft selbst in die Hand zu nehmen.

Wir stehen also heute hier kurz vor dem Verkauf der Bank. Wie dieser gestaltet wird, kann man glaube ich sehr gut in der Drucksache 19/634 nachlesen. Wichtig ist, dass alle weiteren Maßnahmen nach einem Verkauf nur dann zustande kommen, wenn das Grundgeschäft, der Verkauf der Anteile, auch abschließend erfolgt. Kommt es nicht zum Verkauf, dann fallen auch alle anderen Geschäftsgrundlagen weg. Wir glauben, dass hier gut verhandelt wurde, und dass die HSH-Nordbank in neuer Eigentümerschaft eine gute Chance am Markt hat. Der Verkauf der Anteile ist die vermögensschonenste Variante und lässt es zu, dass wir weiterhin selbst das Steuer in der Hand halten. Darüber hinaus sehen die Verkaufsmodalitäten vor, dass wir Haftungsrisiken minimieren bzw. ausschließen. Das bedeutet, dass wir nach dem Verkauf der Anteile mit der HSH-Nordbank abschließen können und uns so nur noch um die Geschäfte kümmern müssen, die wir selbst übernommen haben. Damit wird das Problem übersichtlicher und steuerbarer. Die Alternative wäre eine sofortige Abwicklung der Bank, bei der wir nicht wüssten, wie das Ganze ausgeht. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass der Markt hierauf extrem sensibel reagieren würde und wir so den maximalen Schaden hätten. Auch aus diesem Grund meinen wir, dass wir heute dem Verkauf zustimmen sollten – gerade auch zu einem so frühen Zeitpunkt, um ein positives Signal in den Markt zu senden, dass das Schiff HSH-Nordbank nun in ruhigere Gewässer gelenkt wird.

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