Rede · 17.02.2016 Integration muss so früh wie möglich beginnen

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 15 + 45 - Integration von Flüchtlingskindern ins Schulsystem

Zum Thema Zuwanderung und bei der Frage nach notwendigen Integrationsmaßnahmen überschlagen sich die Meldungen ja nahezu täglich. Ich denke, dass die Diskussion darüber, wie wir die Menschen die zu uns kommen bestmöglich integrieren, extrem wichtig ist. Bereits in der Debatte zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt wurde deutlich, dass die Sprachkompetenz ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Integration ist. Die sprachliche Barriere ist eine Hürde, die erfolgreich in Angriff genommen werden muss.

Was für den Arbeitsmarkt gilt, gilt natürlich auch für die Integration ins Schulsystem. Daher ist es dringend geboten, dass wir uns in diesem Zusammenhang mit dem Ausschnitt Schule befassen. 

Aber ich will deutlich sagen, dass wir bei diesen Fragen ganz sicher nicht am Anfang stehen. Wir müssen das Rad jetzt nicht neu erfinden. Aus dem vorliegenden Bericht geht klar hervor, dass wir zum Beispiel beim Thema DaZ-Unterricht über mehrjährige Erfahrungen verfügen. Diese Form der Sprach-Förderung an den allgemein bildenden Schulen ist in der Tat fachlich und institutionell etabliert. Bereits seit 2002 wurden in Schleswig-Holstein schrittweise bis 2013/2014 insgesamt 84 DaZ-Zentren eingerichtet. Hierfür wurden 220 Lehrstellen im dreistufigen Modell eingesetzt. Seinerzeit wurden die DaZ-Zentren unter dem Vorzeichen errichtet, Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine Sprachförderung quer durch alle Fächer und Lernbereiche zu geben. Also für Kinder und Jugendliche, die bereits längere Zeit in Deutschland gelebt haben, die aber aufgrund ihrer eingeschränkten Sprach-Kompetenz Nachholbedarf aufzeigten. 

Mittlerweile hat sich die Situation an den DaZ-Zentren durch die Flüchtlingskinder deutlich geändert. Hier geht es um Kinder und Jugendliche die heute unter ganz anderen Voraussetzungen am Unterricht an den DaZ-Zentren teilnehmen. Es sind junge Menschen, die teilweise extreme Lebenserfahrungen gemacht haben und durch Krieg und Flucht traumatisiert sind. Sie sind in einem fremden Land, mit einer fremden Sprache und einer anderen Kultur. Diese Kinder und Jugendliche zu integrieren ist eine große pädagogische Herausforderung. Dazu kommt, dass sich die Zahl der Flüchtlingskinder im letzten Jahr mehr als vervierfacht hat. Dies stellt alle Beteiligten vor große Aufgaben. Das dürfte allen klar sein. 

Es gilt diese jungen Menschen innerhalb kürzester Zeit an unsere Sprache und an unser Schulsystem heranzuführen. Laut Bericht haben wir 122 DaZ-Zentren mit – Stand Februar – mittlerweile 406 Klassen, die sich über das Land verteilen. Aktuell haben wir rund 9.700 Schülerinn und Schüler mit DaZ-Bedarf, die von über 400 Lehrkräften begleitet werden. 6.087 Schülerinnen und Schüler sind an den Basisstufen der allgemeinbildenden Schulen. 3.611 Schülerinnen und Schüler sind an den berufsbildenden Schulen. 

In den DaZ-Zentren wird aber mehr als nur Sprache vermittelt. Insbesondere die interkulturelle Bildung und Erziehung ist wichtig, um die jungen Menschen an unsere Gesellschaft heranzuführen.

Um dies alles zu ermöglichen hat das Land große Anstrengungen unternommen und die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt. Auch im Haushalt 2016 sind bereits zusätzliche Mittel eingeplant. Ergänzend zum Schulangebot haben wir 2015 Mittel im Umfang von 1,5 Millionen Euro für einen “Sprachförderungs- und Integrationsvertrag“ bereitgestellt. Damit wollen wir, den jungen Menschen auch außerhalb der Schulzeit Bildungsimpulse zukommen lassen. Denn Sprache lebt davon auch in der Freizeit gesprochen zu werden. 

Der Bericht weist noch eine Menge guter und hilfreicher Integrations-Maßnahmen auf, doch leider reicht die Zeit hier nicht alle zu nennen. 

Das Engagement der Lehrkräfte und aller Beteiligten an den Standorten ist bemerkenswert. Für diese enorme Leistung gilt Allen unser großer Dank, die bisher mitgeholfen haben, diese gesellschaftliche Herausforderung so erfolgreich zu bewältigen. 

Kurz noch zum Antrag der Kollegin Franzen. Der Ansatz, den über 18 jährigen den Zugang zur Berufsschul zu gewähren, um sie dort zu integrieren, ist im ersten Moment nachvollziehbar. Jedoch halte ich den Antrag für wenig hilfreich. Zum einen liegt die Verantwortung für nicht mehr berufsschulpflichtige Menschen beim Bund. Zum anderen verbauen wir den über 18 jährigen mit der Berufsschulpflicht ihr individuelles Recht, andere Möglichkeiten – auch mit beruflicher Perspektive – wahrzunehmen. 

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