Rede · 28.01.2011 Jährliche Armuts- und Reichtumsberichterstattung als wissenschaftliche Grundlage strategischer Armutsbekämpfung einführen!

Armut ist auch hier in Schleswig-Holstein ein sehr ernstzunehmendes Problem. Die Diakonie hat die Zahl der Menschen, die im vergangenen Jahr unterhalb der Armutsschwelle lebten, auf etwa 360.000 geschätzt. Zu den Betroffenen zählen demnach nicht nur Wohnungs- und Obdachlose, sondern auch Kinder, alte Menschen und Menschen mit Behinderung. Besonders erschreckend ist die Tatsache, dass immer mehr junge Menschen zu dieser Gruppe gehören. Nach Meinung des SSW kann es überhaupt keinen Zweifel daran geben, dass es nicht zuletzt Aufgabe der Politik ist, Armut zu bekämpfen. Hierfür halten auch wir es für notwendig, in regelmäßigen Abständen Daten über die Entwicklung der Armutszahlen in Schleswig-Holstein zu erhalten. In diesen Punkten gebe ich den Kollegen der Linken und der Grünen Fraktion selbstverständlich Recht.

Wie wir alle wissen, wurde der letzte Armutsbericht für Schleswig-Holstein vor über 10 Jahren vorgelegt. Eine Aktualisierung dieser Daten ist überfällig. Daher können wir uns der Forderung der Grünen nach einem Bericht der Landesregierung über die quantitative und qualitative Entwicklung der Armut und der Vermögensverteilung problemlos anschließen. Und natürlich sollte das zuständige Ministerium bei dieser Gelegenheit auch eine Analyse der Ursachen vornehmen und ein möglichst umfassendes Konzept zur Bekämpfung der Armut in Schleswig-Holstein vorlegen.

Wir haben dieses Anliegen der Grünen im Übrigen schon in der letzten Debatte um einen Landesarmutsbericht im Jahr 2006 unterstützt. Allerdings haben wir auch damals schon angemerkt, dass ein solcher Bericht mit einer genauen Zielsetzung verbunden sein muss. Noch viel wichtiger – und auch darauf haben wir schon vor Jahren hingewiesen – ist ein konkreter Handlungsplan zur Bekämpfung von Armut. Und hier muss nach unserer Auffassung auch heute der Schwerpunkt liegen. Auch wenn für eine wirkungsvolle und nachhaltige Eindämmung dieses Problems natürlich eine aktive Rolle des Bundes nötig ist, liegen wichtige Handlungsfelder in der Zuständigkeit des Landes: Wir sehen die Regierung insbesondere in der Pflicht, für Chancengleichheit im Bildungssystem zu sorgen. Doch auch im Bereich der arbeitsmarktpolitischen Leistungen muss mehr geschehen. Denn beides muss zum Kern einer Strategie gegen Armut und soziale Ausgrenzung gehören.

Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Auch der SSW hält es für Notwendigkeit, dass wir ein detailliertes Wissen über Ausprägungen und Auswirkungen von Armut haben. Diese Fakten brauchen wir als Grundlage für eine wirkungsvolle Strategie zur Eindämmung dieses Problems. Mit Blick auf den Antrag der Linken muss ich aber deutlich sagen: Die Suche nach den Ursachen von Armut oder das Erstellen einer „möglichst präzisen Ursachen-Wirkungen-Analyse“ bringt uns bei der Bekämpfung von Armut nicht weiter. Die wesentlichen Ursachen sind doch hinlänglich bekannt. Hierzu gehören Arbeitslosigkeit, Niedriglöhne, Bildungsmangel oder auch Alleinerziehung. Auf dieser Grundlage halten wir es dann durchaus für möglich, zu beurteilen welche konkreten Maßnahmen man ergreifen muss, um dem Problem beizukommen.

Wir sind davon überzeugt, dass zwar aktualisierte Daten für Schleswig-Holstein, aber ganz sicher nicht noch haufenweise neue Statistiken nötig sind, um in dieser wichtigen Sache Fortschritte zu erreichen. Es ist ganz einfach Aufgabe des zuständigen Ministeriums, in regelmäßigen Abständen die notwendigen Daten über die Entwicklung der Armutszahlen in Schleswig-Holstein bereitzustellen. Darüber, dass dies nicht Aufgabe eines neu zu schaffenden Expertenteams im Statistikamt ist, herrscht ja auch weitestgehend Einigkeit. Wir sollten uns aber alle darüber klar sein, dass dieser aktuelle Armutsbericht dann nicht einfach in der Schublade verschwinden darf. Er muss als Grundlage für einen Handlungsplan genutzt werden, der ganz konkrete Maßnahmen des Landes Schleswig-Holstein im Kampf gegen die Armut nennt. Ansatzpunkte hierfür gibt es genug.

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