Pressemitteilung · 01.09.2005 Landeshaushalt 2006: Jeder der Koalitionspartner rudert in seine Richtung

Bei der heutigen Ersten Lesung des Landeshaushalts 2006 erklärt die Vorsitzende des SSW im Landtag, Anke Spoorendonk, unter anderem:

„Die Bildung der Großen Koalition in Schleswig-Holstein hat jetzt erst einmal dazu geführt, dass es in unserem Land ein Patt gibt. Das zeigt sich auch im vorliegenden Haushaltsentwurf für 2006. Man wird das Gefühl nicht los, dass hier zwei ungleiche Partner versuchen,  jeder in seine Richtung zu rudern - mit dem Ergebnis, dass der „Schleswig-Holstein-Zweier“ sich erst einmal wenig von der Stelle bewegt. Das liegt natürlich auch an den schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen, die die neue Landesregierung vorgefunden hat.

Der Haushaltsentwurf für 2006 sieht eine Reduzierung der Kreditaufnahme von 1,7 Milliarden Euro auf ca. 1,56 Milliarden Euro vor. Die Nettoausgaben des Landes sollen um 0,1% sinken, und die Investitionsquote auf 10% ansteigen. Das sind sicherlich Schritte in die richtige finanzpolitische Richtung, die man nur begrüßen kann. Aber von einer Wende in der Haushaltspolitik zu sprechen, wie es die Landesregierung macht, ist wohl doch etwas vermessen. Vor allem wenn man bedenkt, dass die Regierung in ihrem Finanzplan erst 2009 mit einem verfassungskonformen Haushalt rechnet.“

„Wir sehen bisher mit Bauchschmerzen, wie der Wirtschaftsminister die Prioritäten gesetzt hat. Es kann nicht angehen, dass die Landesregierung die notwendigen Investitionen überproportional auf Kiel oder Lübeck konzentriert. Die Landesregierung steht in der Pflicht, auch die strukturschwachen Gebiete und insbesondere den nördlichen Landesteil in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung zu unterstützen. Die Auseinandersetzungen um das Science Center Kiel, die Phänomenta in Flensburg, oder um den Ausbau des Husumer Hafens sowie den Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau haben uns bisher noch nicht davon überzeugt, dass die Landesregierung dieser Verpflichtung nachkommt.
Vor diesem Hintergrund fehlt dem SSW auch eine stärkere Anstrengung der Landesregierung in der deutsch-dänischen Zusammenarbeit. Der nördliche Landesteil hat nur eine wirtschaftliche Perspektive gemeinsam mit seinem nördlichen Nachbarn.“

„Es ist verständlich, dass die Landesregierung versucht, den Haushalt in den Griff zu bekommen, indem sie in vielen Bereichen Kürzungen vornimmt. Dennoch kann man die Sinnhaftigkeit einiger dieser Kürzungen aus unserer Sicht durchaus in Frage stellten. Der SSW sieht es z.B. kritisch, dass die Landesregierung die Arbeitszeit der Landesbediensteten verlängern und die Heilfürsorge kürzen will, ohne in einen vernünftigen Dialog mit den Betroffenen zu treten. Wie sollen wir auf diese Weise motivierte Mitarbeiter in den Landesdienst bekommen, die wir ja angesichts des enormen Veränderungsdrucks in der öffentlichen Verwaltung dringend brauchen? Auch einige der Kürzungen im Sozialbereich sind für uns nicht nachvollziehbar. So z.B. die Kürzungen bei den Beratungsstellen „Frau & Beruf“, den Sprachkursen für Ausländer oder den vielen Arbeitslosenberatungsstellen. Wegen geringer Beträge wird hier eine sehr gute Arbeit in Frage gestellt. Weiter sehen wir es als bedenklich an, dass im Umweltbereich – scheinbar aus ideologischen Gründen – viele unverständliche Kürzungen vorgenommen werden.“

„Bei den Kürzungen ist der Minderheitenbereich „glimpflich davon gekommen“. Ich sagte schon heute Morgen, dass der SSW dieses als Signal dafür wertet, dass die Landesregierung die erfolgreiche Minderheitenpolitik des letzten Jahrzehnts fortsetzen will. Die Minderheitenpolitik gilt eben nicht nur für Sonntage oder wenn die Sonne scheint. Dennoch möchte ich darauf hinweisen, dass viele Organisationen der dänischen Minderheit und der Friesen seit Jahren keine Erhöhung ihrer Zuschüsse erhalten haben. Der SSW wird sich im Rahmen der Haushaltsberatungen zumindest  um eine Überrollung der Zuschüsse von SSF, Nordfriisk Instituut und der friesischen Kulturarbeit bemühen. Gleichzeitig gehen wir weiter davon aus, dass die Große Koalition spätestens 2008 wieder die reale 100%-Bezuschussung pro Schülerinnen und Schüler der dänischen Minderheit einführen wird. Eine Regelung, die übrigens der CDU-Ministerpräsident Barschel 1985 nach Verhandlungen mit dem SSW-Abgeordneten Karl-Otto Meyer eingeführt hatte.“

„Der Haushalt 2006 ist also aus Sicht des SSW von Licht und Schatten geprägt und wird kaum als großer Wurf in die Geschichte des Landes eingehen. Aber dennoch ist es das Politikverständnis des SSW, dass wir als Opposition nicht für den Papierkorb arbeiten. Unsere Zustimmung zum Haushalt werden wir daher von den kommenden Verhandlungen abhängig machen.“


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