Rede · 20.05.2015 Rot-Grün-Blau steht für eine wirklich verlässliche Hochschulpolitik
Jette Waldinger-Thiering zu TOP 13 u.a. - Hochschulpolitik in Schleswig-Holstein
Mit Blick auf so manchen Oppositionsantrag und im Verlauf von so mancher Bildungsdebatte habe ich immer mal wieder den frommen Wunsch nach etwas mehr Demut geäußert. Ich freue mich, dass dieser Wunsch nun endlich erhört wurde: Die CDU spricht in ihrem Antrag von positiven Ergebnissen, die die Hochschulen - ich zitiere: „trotz einer langjährigen Unterfinanzierung und der in vielen Bereichen suboptimalen räumlichen Rahmenbedingungen“ erreicht hätten. Damit räumt man also eigene Fehler und womöglich sogar eine falsche Schwerpunktsetzung in Regierungsverantwortung ein. Ganz neue Töne also und eine Änderung der Haltung, vor der ich ausdrücklich meinen Hut ziehe.
Völlig unabhängig davon, wer wann was versäumt hat, lässt sich hier und heute feststellen, dass unsere Hochschulen vor großen Herausforderungen stehen. Egal wo man hinschaut: Der Sanierungs- und Investitionsbedarf ist fast überall sehr hoch. Es lässt sich kaum leugnen, dass die finanziellen Probleme nicht so schnell vom Tisch sind, wie wir es uns wünschen würden. Vor allem die Schuldenbremse auf Landes- und eine noch zu geringe finanzielle Beteiligung von Seiten der Bundesebene sorgen bis heute dafür, dass wir im internationalen Vergleich deutlich hinterher hinken. Und wir alle wissen genau, dass diese strukturellen Hemmnisse nicht von heute auf morgen aus der Welt geschafft werden können. Das heißt: Auch wenn wir auf einem guten Weg sind, werden wir wohl leider noch lange mit diesen Problemen zu kämpfen haben.
Wie Sie wissen, hat sich diese Koalition auf einen klaren bildungspolitischen Schwerpunkt verständigt. Daraus folgt, dass wir nicht zuletzt für unsere Fachhochschulen und Hochschulen deutlich mehr tun wollen, als andere Landesregierungen vor uns. Und wer ehrlich ist, muss zugeben, dass wir diesem Anspruch auch konsequent folgen und alles tun, was im Rahmen der begrenzten Landesmittel möglich ist. Allein die Sanierungsvereinbarung mit der CAU hat mit ihrem Gesamtumfang von 165 Millionen ein nie dagewesenes Ausmaß. Daneben stellen wir allein in diesem Jahr über 50 Millionen Euro für Aus- und Neubauten an unseren Hochschulen zur Verfügung.
Aus Sicht des SSW lässt sich auch im Bildungsbereich ganz bestimmt nicht jedes Problem mit Geld lösen. Und doch muss ich erwähnen, dass es diese Koalition ist, die durch ihren Einsatz den Sanierungsstau am UKSH auflöst. Hier investieren wir gemeinsam mit privaten Partnern rund 1,7 Milliarden Euro. Und unser Sondervermögen Hochschulbau stärkt die Hochschullandschaft insgesamt. Außerdem erhalten unsere Hochschulen 240 Millionen Euro an Landesmitteln im Rahmen des Hochschulpakts 3. Und nicht zuletzt entlasten wir sie bei den Besoldungs- und Tarifsteigerungen. Natürlich kann man immer noch mehr tun, wenn es um Bildungsausgaben und damit um ganz konkrete Investitionen in unsere Zukunft geht. Aber im Vergleich zu unseren Vorgängern müssen wir uns auch unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen nicht verstecken.
Mit Blick auf die vorliegenden Initiativen will ich eins ganz klar sagen: Wir teilen den Wunsch der CDU nach verlässlichen und zukunftsorientierten Rahmenbedingungen für unsere Hochschulen voll und ganz. Wir wollen langfristige Planungssicherheit für alle Beteiligten. Ohne Wenn und Aber. Und wie ich bereits zu einem früheren Zeitpunkt erwähnt habe, werden wir daher auch Elemente der sozialen Infrastruktur wie Wohnheime oder Studienberatung, die eben nicht durch Mittel des Hochschulpakts abgedeckt werden, durch strukturelle Nachbesserungen absichern. Darüber hinaus werden wir selbstverständlich Wort halten und die Grundhaushalte der Hochschulen zeitnah und spürbar entlasten. Und nicht zuletzt haben wir in der langfristigen Finanzplanung des Landes für die Zeit nach der jetzigen Phase des Hochschulpakts rund 30 Millionen Euro jährlich für unsere Hochschulen vorgesehen. Durch diese Anschlussfinanzierung werden unsere Unis auch langfristig nicht im Regen stehen.
Natürlich lässt sich immer noch mehr fordern. Allemal von der bequemen Oppositionsbank aus. Schaut man sich den Gesetzentwurf der FDP und den Antrag der CDU gemeinsam an, dann sollen sich die Hochschulen einerseits im entfesselten Wettbewerb am freien Bildungsmarkt behaupten. Kannibalismus inbegriffen. Auf der anderen Seite wird aber von allen die Verantwortung des Landes für die Hochschulen betont, und die Förderung in einem nie dagewesenen Umfang gefordert.
Ich habe mich schon in der letzten Debatte zum Thema sehr darüber wundern müssen, dass in den Augen der Opposition plötzlich alles möglich scheint: Neben der besseren räumlichen, personellen und finanziellen Ausstattung und der Erweiterung von Mensakapazitäten soll auch der Ausbau studentischer Wohnmöglichkeiten massiv vorangetrieben werden. Alles Dinge, die noch vor wenigen Jahren als völliger Luxus dargestellt wurden. Begründung damals: Schleswig-Holstein ist Konsolidierungsland mit strengen Sparvorgaben. Als alternativlos dargestellt durch ein zweifelhaftes Gremium namens Haushaltsstrukturkommission. Auch wenn sich an der Finanzlage wenig geändert hat, will ich eins deutlich sagen: Bildung ist und bleibt eine staatliche Kernaufgabe. Und gerade deshalb werden wir hier auch weiterhin alles tun, was in der derzeitigen Situation möglich ist.
Die CDU hat völlig recht: Die strukturelle Unterfinanzierung unserer Hochschulen ist durch die jahrelange Vernachlässigung und damit durch Versäumnisse verschiedener Regierungen entstanden. Ein so gravierendes strukturelles Problem lässt sich kaum von jetzt auf gleich lösen. Dafür reichen vermutlich nicht einmal Hochschulpakt 2020 und unsere Zusatzmaßnahmen. Doch gerade vor diesem Hintergrund ist und bleibt es enorm wichtig, dass wir nicht nachlassen und neben den Studierenden vor allem den Beschäftigten an den Hochschulen konkrete Perspektiven bieten. Denn gerade dem großen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben wir sehr viel zu verdanken. Diesen Einsatz wollen und werden wir auch weiterhin entsprechend honorieren.
Ein Punkt ist mir im vorliegenden Gesamtpaket besonders wichtig: Der Studiengang Sonderpädagogik, der an der Europauni Flensburg angeboten wird. Wie Sie wissen, wird das Studium inhaltlich an die schulische Anforderungen angepasst. Die Eigenständigkeit des Lehramtes für Sonderpädagogik bleibt damit erhalten und die Ausbildung wird ganzheitlich ausgerichtet. Das Fundament bildet ein breites Basiswissen über alle Schwerpunkte. Danach folgt die Spezialisierung auf zwei pädagogische Fachrichtungen. Darüber hinaus - und das ist eine ganz wesentliche Neuerung - werden die künftigen Lehrkräfte für Sonderpädagogik in die Lage versetzt, in einem allgemeinbildenden Fach eigenständig zu unterrichten. Wir begrüßen, dass wir mit diesen Neuerungen im Bereich Sonderpädagogik insgesamt nicht nur rein zahlenmäßig, sondern durch die fachliche Breite vor allem auch qualitativ ein gutes Stück vorankommen.
Lassen Sie mich abschließend eins ganz deutlich sagen: Wir sehen die klare Verantwortung für unsere Hochschulen und wir kommen dieser auch nach. Maßnahmen wie das Sondervermögen, die massiven Investitionen in die Hochschul-Infrastruktur, die Übernahme von Tarifsteigerungen oder auch die Auflösung des Sanierungsstaus am UKSH durch das ÖPP-Modell sprechen eine klare Sprache. Und weil wir die Schärfung der individuellen Profile weiter voranbringen wollen, brauchen wir schon allein deshalb eine verlässliche finanzielle Grundlage. Wie erwähnt, werden hier landespolitische Maßnahmen allein vermutlich nicht ausreichen. Deshalb wollen wir auch die Spielräume, die durch die Lockerung des Kooperationsverbotes entstehen, gemeinsam mit Bund und Hochschulen optimal nutzen.