Rede · 16.06.2004 Trägerunabhängige Pflegeberatungsstellen in Schleswig-Holstein

Die Ungewissheit über die Zukunft ist im Fall einer Pflegebedürftigkeit oft die schlimmste Belastung für Betroffene und Angehörige. Sowohl die Pflegebedürftigen selbst als auch deren Angehörige stehen plötzlich vor einem Berg bedrohlich wirkender Fragen. Wer hilft uns jetzt? Wie können wir das schaffen? Wie können wir was finanzieren? Dabei kann es sich im Gestrüpp der Pflegeversicherung um vielfältige Problemstellungen handeln. Welche Leistun­gen aus der Pflegekassen stehen einem zu? Wie stellt man die Pflegebedürftigkeit fest? Pflege Zuhause: was ist möglich? Betreuung Pflegebedürftiger in der Urlaubszeit: wie geht das? Pflege in Heimen: wie stellt man einen Antrag auf Pflegebedürftigkeit? Und so weiter.

Bei diesem ganz konkreten Fragen helfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der trägerunabhängigen Pflegeberatungsstellen in Schleswig-Holstein. Hier können die Betroffenen und Angehörigen frei von Ängsten die richtige Entscheidung treffen und sich individuell über konkrete Hilfsmöglichkeiten beraten lassen.

Der Aufbau eines flächendeckenden Netzes von derartigen unabhängigen Beratungsstellen wurde schon seit Jahren gefordert. Die pflegebedürftig gewordenen älteren Menschen, aber auch ihre Angehörigen sind auf die Beratung durch kompetente neutrale Stellen angewiesen. Das Angebot an Pflegeleistungen der unterschiedlichsten Art und die mit der Finanzierung zusammenhängenden Fragen sind in den letzten Jahren immer unübersichtlicher geworden. Deshalb haben wir es alle begrüßt, dass es seit 2001 diese Beratungsstellen hier in Schleswig-Holstein als Modellversuche gibt und, dass sie vom Land im Haushalt mit jährlich 750.000,- € unterstützt werden.

Eine der ganz wichtigen Voraussetzungen ist, damit dieser Modellversuch funktionieren kann, natürlich die Trägerunabhängigkeit der Pflegeberatungsstellen. Es muss unbedingt gewähr­leistet sein, dass die Beratung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen ohne Beeinflus­sung durch andere Interessen geführt werden kann. Ein anderer wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist, dass nur solche Beraterinnen und Berater tätig sind, die über ausreichen­de Fachkenntnisse und mehrjährige Erfahrungen im Pflegebereich verfügen. Nur so kann das notwendige Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu den Pflegeberatungsstellen hergestellt werden.

Die Modellversuche werden wissenschaftlich begleitet und es werden dem Sozialministerium halbjährlich Berichte über die Ergebnisse der Arbeit übermittelt. Auf diese Weise wird die Qualität der Beratungsstellen überprüft und gesichert.

Die Ergebnisse dieses Modellversuches in Schleswig-Holstein können sich meines Wissens sehen lassen. So haben mir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der trägerunabhängige Beratungsstelle der Stadt Flensburg erzählt, dass ihr Angebot ungemein gut angenommen wird und regen Zulauf hat. Flensburg hat dazu noch die Besonderheit, dass es die einzige Pflegeberatungsstelle im Norden des Landes ist. Bisher zahlt das Land für den Modellversuch auch in Flensburg, der wahrscheinlich bis Ende 2005 fortgesetzt werden kann, jährlich 82.000,- €.

Das ist aus unserer Sicht eine vergleichsweise geringe Summe, wenn man bedenkt, dass bei der Arbeit der Beratungsstellen Heimvermeidungen und ambulante Pflege im Zentrum stehen. Sowohl die Stadt als auch das Land sparen deshalb große Beträge bei der Sozialhilfe, weil man viele älteren Menschen zu einer Pflege zu Hause in vertrauter Umgebung raten kann.

Diese gute Beratung der Pflegeberatungsstellen ist also auch finanziell ein Vorteil für die Gesellschaft. Das sollten wir im Auge haben, wenn wir über die zum Teil katastrophalen Zustände in einigen Altenheimen diskutieren.

In der Debatte des Pflege-Forums des sh:z.-Verlages war die Frage, ab wann ältere Menschen in ein Altenheim sollen und ob nicht die Angehörigen verstärkt in die Betreuung integriert werden müssen, ein großes Thema. Gerade bei dieser schwierigen Problematik können die Pflegeberatungsstellen wertvolle Hilfe und Informationen für die Pflegebedürftigen und Angehörigen geben. Sie sind daher auch in Zukunft unverzichtbar.

Der SSW fordert daher die Landesregierung auf, die Zuschüsse für die Pflegeberatungsstellen in Schleswig-Holstein auf dem gleichem Niveau fortzuführen. Wenn man die Landeszuschüsse kürzt, ist das Angebot der Pflegeberatungsstellen vor Ort nicht mehr im gleichen Umfang aufrechtzuerhalten und am Ende kostet das der öffentlichen Hand sogar mehr Geld als man kurzfristig spart. Das gleiche gilt natürlich auch für die Kreise und kreisfreien Städte, die sich ja ebenfalls an der Finanzierung des Modellsversuches der Pflegeberatungsstellen beteiligen. Es ist kein vernünftiger Weg, wenn sich die Kommunen angesichts der schlechten Haushaltslage aus dieser Finanzierung herauszuziehen. Die Einsparungen, die sich bei den einzelnen Kommunen aufgrund ersparter Sozialhilfeaufwendungen ergeben, müssen ebenfalls zur Finanzierung mit herangezogen werden. Flensburg hatte dieses bereits erkannt und bereits bei Einführung der Pflegeversicherung auch realisiert.

Wir sollten als Landtag alles dafür tun, dass die Pflegeberatungsstellen in Schleswig-Holstein im vollen Umfang aufrechterhalten werden und, dass die Finanzierung dieses Modellversuches auch nach 2005 gesichert wird, sei es über eine weitere Projektförderung oder ein anderes Finanzierungsmodell.

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