Rede · 26.09.2025 Unser Denkmalschutzgesetz hat Modellcharakter

„Mindestens einmal pro Legislatur muss man den Denkmalschutz verteidigen.“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 35 - Reform des Denkmalschutzgesetzes – Mehr Transparenz, Fairness und Akzeptanz (Drs. 20/ 3596)

Mindestens einmal pro Legislatur muss man den Denkmalschutz verteidigen, das hat mich die Erfahrung der letzten Jahre gelehrt. 
CDU und FDP standen in den zurückliegenden Debatten immer auf der anderen Seite als SSW, Grüne und SPD und mein Eindruck ist, dass sich das auch in absehbarer Zukunft nicht ändern wird. Und so bin ich auch weiterhin zuversichtlich, dass CDU und FDP zuverlässig jede Gelegenheit nutzen werden, eines unserer besten Gesetze schlechtzureden.

Und ich meine das, eines unserer besten Gesetze. Ich kann das so selbstbewusst sagen, weil es tatsächlich überprüft worden ist. 
Ich empfehle da noch einmal einen Blick in die Drucksache 19/3047. Die damalige Jamaika-Koalition hatte die Landesregierung aufgefordert, eine explizit externe Evaluation des Denkmalschutzgesetzes in Auftrag gegeben. Ich kann nur Vermutungen anstellen, wie es in der damaligen Konstellation zu diesem Beschluss gekommen ist… 
Schon in der sich damals anschließenden Landtagsdebatte habe ich sehr gerne aus dem ersten Kapitel des Gutachtens zitiert und ich wiederhole mich gerne:
„Die Grundentscheidungen des Denkmalschutzgesetzes 2015 haben sich bewährt. Aufs Ganze gesehen handelt es sich um ein sehr gutes Gesetz. Einige Regelungen (Öffentlichkeitsauftrag, Denkmalzonen, rechtliche Integration des Welterbes) haben bundesweit Modellcharakter.  
Eine Änderung des Gesetzes wird demnach ausdrücklich nicht empfohlen. Und das ist gerade einmal vier Jahre her.

Zum Fall in Lübeck, der ja genutzt wurde, um die Debatte neu aufzumachen einmal noch kurz der Hintergrund:

Im ehemaligen Industriegebiet Herrenwyk wurden Teile der Werkssiedlung als „Sachgesamtheit“ unter Denkmalschutz gestellt im Sinne eines Flächendenkmals. 
Es handelt sich um Arbeitersiedlung, die in den Jahren 1906 bis 1923 errichtet wurde und die aufgrund ihrer besonderen sozial-, siedlungs-, industrie- und baugeschichtlichen Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt wurde. Sie ist städtebaulich etwas ganz besonders und auch Arbeitergeschichte muss geschützt werden. Auch wenn das nicht dem persönlichen Geschmack von Herrn Junghans entspricht.

Das Problem in dieser Sache scheint mir ein ganz anderes zu sein. Die Anwohnerinnen und Anwohner haben erst aus der Presse von der Entscheidung der Stadtverwaltung erfahren. Das ist kommunikativ ungünstig. Und ich denke die deutliche Kritik ist auch unmissverständlich bei der Stadt Lübeck angekommen. 
Nach dem Gesetz ist es so, dass Eigentümerinnen und Eigentümer vor der Eintragung unverzüglich zu benachrichtigen sind. Aber es gibt Ausnahmen. Können sie nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden, gilt die Veröffentlichung der Eintragung in der Denkmalliste als öffentliche Benachrichtigung oder eben auch dann, wenn mehr als 20 Personen betroffen sind. Das scheint hier der Fall gewesen zu sein. Rein rechtlich also alles ok. Ob nicht trotzdem eine proaktivere Informationsstrategie sinnvoll gewesen wäre, wird n Lübeck behandelt werden können.

Die Lübecker Nachrichten haben ja sogar ein Gespräch mit Anwohnerinnen und Anwohnern begleitet, das im Nachhinein stattgefunden hat und als ich das so gelesen habe dachte ich mir, die meisten dieser Informationen wären wohl besser schon im Vorfeld erklärt worden. Zum Beispiel, dass die Unterschutzstellung der Häuser nicht bedeutet, dass irgendein Gebäude in irgendeine Form von ursprünglichem Zustand zurückversetzt werden müssen. Und dass die Unterschutzstellung erstmal nur bedeutet, dass äußere bauliche Maßnahmen mit dem Denkmalschutz abgestimmt werden müssen.

Aber möchte wirklich einmal in Frage stellen, ob wir uns überhaupt weiter hier im Landtag wegen einer möglichen kommunikativen Fehleinschätzung einer städtischen Behörde in Lübeck ein bundesweit gelobtes Landesgesetz ändern sollten. 
Ich würde mich einem Fachgespräch im Ausschuss trotzdem nicht verwehren, ich bin weiter zuversichtlich, dass unser Denkmalschutzgesetz auch weiteren kritischen Blicken standhält.

 

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