Rede · 23.01.2004 Verwendung der zurückgezahlten Motorola-Fördermittel

Anfang dieses Jahres blieb den Flensburger Leserinnen und Lesern der Wochenzeitung „Die Zeit“ das Frühstückbrötchen im Halse stecken. Die Wirtschaftsredaktion dieser bundesweit erscheinenden Zeitung hatte in einem großen Artikel die Stadt Flensburg als eines der Schlusslichter der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahren bloßgestellt. Gemeinsam mit ausschließlich ostdeutschen Städten kam Flensburg bun­desweit auf den fünftschlechtesten Platz bei der Entwicklung des Bruttoinlands­produktes von 1997 bis 2001.

Dazu passt dann auch eine Meldung aus der letzten Woche. Mit einem Rückgang von 17,3% beim Industrieumsatz 2003 war Flensburg auch in dieser Statistik das Schluss­licht in ganz Schleswig-Holstein. Auch wenn der Flensburger Oberbürgermeister Hermann Stell die Berechnungsgrundlagen der Zeit-Journalisten öffentlich kritisierte, ist es offensichtlich, dass Flensburg in den letzten Jahren einen schweren wirt­schaftlichen Stand hatte.

Ich erwähne diese Beispiele nicht um unsere schöne Stadt Flensburg öffentlich schlecht zu reden. Sondern es geht mir darum deutlich zu machen wie dramatisch die Situation erst wird, wenn der angekündigte Arbeitsplatzabbau bei Motorola oder die mögliche Schließung der Fahrzeugwerken Nord in diesen Jahr Realität wird, ohne das entsprechende Gegenmaßnahmen in Angriff genommen werden.

Es geht heute nicht darum neunmal klug die großen Investitionen von Land und Bund für die Motorola-Produktion in Flensburg Anfang der 90-Jahre zu kritisieren. Alle Beteiligten - und auch alle Parteien – setzen damals große Hoffnungen auf die neue Handy-Technologie, die der gesamten Region um Flensburg zu mehreren Tausend Arbeitsplätze verhelfen sollte. Vor dem Hintergrund des massiven Abbau von Bundeswehrarbeitsplätzen seit Anfang der 90érne Jahre erschienen die Investitionen bei Motorola in viele neue Arbeitsplätze für die Stadt das richtige zu sein.

Bis zum weltweiten Einbruch der Handy-Produktion im Jahre 2001 erfüllten sich diese Hoffnungen durchaus. Heute wissen wir es besser und deshalb lautet die Konklusion des SSW aus diesen bitteren Erfahrungen: Wir dürfen uns in Zeiten der Globalisierung nicht von internationalen Konzern zu abhängig machen. Wir müssen unsere zukünftige Förder- und Wirtschaftpolitik vielmehr darauf ausrichten in den Regionen mehrere wirtschaftliche Stand­beine zu fördern und verstärkt kleinere und mittlere Unternehmen vor Ort zu unter­stützen.

Hier und heute geht es aber darum, dass die Betroffenen bei Motorola und den Fahrzeug­werken Nord schnell und zielgerichtet von der Politik unterstützt werden. Die Errichtung ei­ner Auffanggesellschaft für die zirka 500 gekündigten Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter von Motorola ist ein erster richtiger Schritt Es bleibt aber die zentrale Forderung des SSW, dass die von Motorola zurück zu zahlenden Gelder von Bund und Land soweit wie möglich gezielt für neue Arbeitsplätze und zukunfts­weisende Projekte in Flensburg und Umgebung eingesetzt werden.

Die Landesregierung ist hier in der Pflicht unbürokratische und flexible Lösungen zugunsten der Motorola-Beschäftigten zu erarbeiten. Dies gilt auch für die Mitarbeiter von bisherigen Zulieferbetriebe von Motorola, die jetzt durch die Einstellung der Handy-Produktion in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen sind.

Die Situation bei Fahrzeugwerken Nord befindet sich noch in der Klärung. Nach meinen Informationen arbeiten die Beschäftigen und die Gewerkschaften gemeinsam an einer Lösung, die eine Fortführung des Betriebes und den Erhalt der Arbeitsplätze sichert. Die politische Unterstützung für diese Anstrengungen ist ihnen gewiss. Natürlich müssen sich auch alle Verantwortlichen in Flensburg und in der Region darum bemühen zukunftsweisende und fördergerechte Projekte zu entwickeln, die dann von den relevanten Programmen des Landes unterstützt werden können. Das ist gerade für den nördlichen Landesteil bisher nicht ganz einfach gewesen, wie wir auch in der gestrigen Debatte um das Regionalprogramm 2000 und der GA-Förderung gesehen haben.

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