Rede · 18.06.2021 Wir wollen vielfältigere Entscheidungskriterien bei der Richterauswahl

„Derzeit hängt das Fortkommen der Richterinnen und Richter regelmäßig jeweils von nur einer Person, dem Beurteiler, ab. Demokratietheoretisch ist das, freundlich formuliert, nicht der Idealzustand.“

Lars Harms zu TOP 12 - Gesetz zur Änderung des Landesrichtergesetzes (Drs. 19/3098)

Richter können sich nicht einfach auf eine freie Stelle bewerben. In diesem Fall gibt es ein vorgeschaltetes Gremium: Der Richterwahlausschuss entscheidet zusammen mit der Justizministerin oder dem Justizminister über eine Anstellung. Dies ist in unserer Landesverfassung so vorgesehen, denn als ausübender Teil der Judikative haben sie natürlich ein anderes Gewicht als andere Beamte oder Angestellte. Und so gehört es dazu, dass Richterinnen und Richter in ihrem Berufsleben mindestens einmal auf der Tagesordnung des Richterwahlausschusses aufgeführt sind. Gemeinsam mit den regierungstragenden Fraktionen sowie den Kolleginnen und Kollegen der SPD haben wir nun einen Gesetzentwurf erarbeitet, der einige Neuerungen in den Entscheidungsprozess bringen soll. Ein ganz sensibles Thema. Schließlich geht es oftmals um eine Ernennung auf Lebenszeit, aber eben auch um besonders verantwortungsvolle Positionen. 

Ich bin seit diesem Jahr erstmals Mitglied im Richterwahlausschuss. Vor diesem Hintergrund habe ich natürlich das Gespräch mit meinen Kollegen im Ausschuss gesucht und über die Arbeit des Richterwahlausschusses beraten. Dabei bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Grundstrukturen des Ausschusses sich bewährt haben. Es ist kein Geheimnis, dass ich mir jedoch mehr Offenheit und vielfältigere Entscheidungskriterien in Auswahlprozessen wünsche. Und das meine ich nicht nur auf den Richterwahlausschuss bezogen. Doch nun zurück zur Ausgangsposition: Eine Entscheidung, wie sie im Richterwahlausschuss getroffen wird, die sich regelmäßig nach den vorhandenen Beurteilungen von Vorgesetzen orientiert, ist keine wirkliche Entscheidung. Das ist dann eher ein abhaken auf einer Strichliste. Daran ist nichts falsch. Jedoch gehört meines Erachtens zur echten Bestenauslese eben auch andere Kriterien einfließen zu lassen als nur die letzte Beurteilung. Derzeit hängt das Fortkommen der Richterinnen und Richter regelmäßig jeweils von nur einer Person, dem Beurteiler, ab. Demokratietheoretisch ist das, freundlich formuliert, nicht der Idealzustand. 

Mir geht es darum, dass vielfältigere Möglichkeiten geschaffen werden, um zu erörtern, wer bewirbt sich hier? Was macht diese Person aus? Diese Formulierungen gilt es nun in einem offenen Prozess zu erarbeiten und ich fordere insbesondere die kritischen Stimmen zur Partizipation auf. Klar ist: Es muss sich auch niemand Sorgen machen, dass der Ausschuss künftig ungenügende Entscheidungen treffen wird. Mir ist es eben nur wichtig zu betonen, dass auch mal über den Tellerrand geguckt werden kann. In Anlehnung an das Prinzip für die Wahl von Bundesrichterinnen und -richtern. Es ist für alle Beteiligten im Richterwahlausschuss auch völlig klar, dass ein guter Werdegang auch weiterhin positiv in die Entscheidung mit einfließen wird. Und in 99% der Entscheidungen ist man sich ohnehin einig. Nur in Grenzfällen muss es möglich sein, freier wählen zu können. Natürlich immer im Rahmen der Bestenauslese.

Zudem sei einmal noch angemerkt, dass es auch in Zukunft nicht möglich sein wird, Einzelmeinungen durchzudrücken. An der Entscheidungsmehrheit von 2/3 und der Unabhängigkeit der Richterinnen und Richtern wird festgehalten. Daher wird sich das Gremium auch in Zukunft nicht für parteipolitische Entscheidungen eignen, zumal ja auch nicht nur Politiker in diesem Gremium sitzen sondern auch Richterinnen und Richter. Ich stelle also fest, die Arbeit des Richterwahlausschusses wird nicht auf den Kopf gestellt. Aus einer Einbahnstraße wird lediglich eine Begegnungszone, wo man neben den Beurteilungen auch auf andere Entscheidungskriterien treffen kann. Auch dort wird jede und jeder ans Ziel kommen, man muss nur lernen, noch ein bisschen mehr auch nach links, rechts und vielleicht auch einmal über den eigenen Horizont zu gucken.

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