Rede · 30.09.2022 Wolfsmanagement flexibel gestalten
„Die Diskussion, ob ein Raubtier, wie der Wolf, bei uns in die heutige Kulturlandschaft passt, kann nicht einseitig geführt werden. Hier gibt es mehrere Aspekte die zu berücksichtigen sind. Der Wolf ist durch internationale und nationale Gesetze streng geschützt und unterliegt damit dem höchstmöglichen artenschutzrechtlichen Status.“
Christian Dirschauer zu TOP 26 - Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht (Drs. 20/234)
Nachdem der Wolf in Schleswig-Holstein über 200 Jahre als ausgestorben galt, gab es in 2007 einen ersten gesicherten Nachweis. Da sich in den darauffolgenden Jahren herausstellte, dass es immer wieder zu Wolfswanderungen kommt, auch nach Schleswig-Holstein, wurde 2010 der erste Wolfsmanagementplan aufgestellt. Dies erfolgte seinerzeit in Zusammenarbeit mit Naturschutzverbänden, dem Jagdverband und Vertretern der Landwirtschaft, um die Herausforderungen zu meistern, damit dem Wolf ein Überleben bei uns im Land ermöglicht werden kann. Zudem wurde die sogenannte Wolfsrichtlinie erarbeitet, die unter anderem die Entschädigungen von Wolfsschäden regelt. Damit waren wir seinerzeit in Schleswig-Holstein gut aufgestellt. Nachdem die Zahl der Wolfsnachweise in den weiteren Jahren weiter gestiegen ist, wurde auch das Wolfsmanagement entsprechend geändert und gestärkt. Es wurden Ansprechpartner – sogenannte Wolfsmanager – bestimmt, eine wissenschaftliche Begleitung und Monitoring eingerichtet und klare Regelungen bezüglich der Entschädigungszahlungen geschaffen, bis hin zum Umgang mit sogenannte Problemwölfen. All das wurde in Schleswig-Holstein auf den Weg gebracht, um die Voraussetzungen für ein Nebeneinander von Wolf und Mensch in einer Kulturlandschaft zu schaffen. Für uns als SSW war es immer wichtig, dass wir uns bei diesem Thema nicht in starren rechtlichen Vorgaben verfangen. Denn es hat sich gezeigt, dass ein Managementplan stetig evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden muss.
Das Thema Wolf wurde und wird auch in Schleswig-Holstein immer wieder sehr kontrovers und häufig auch emotional diskutiert.
Die Diskussion, ob ein Raubtier, wie der Wolf, bei uns in die heutige Kulturlandschaft passt, kann nicht einseitig geführt werden. Hier gibt es mehrere Aspekte die zu berücksichtigen sind. Der Wolf ist durch internationale und nationale Gesetze streng geschützt und unterliegt damit dem höchstmöglichen artenschutzrechtlichen Status. De facto bedeutet dies; ein Wolf darf nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen und mit entsprechenden Genehmigungen entnommen werden. Das sind die übergeordneten Gesetze, die im Umgang mit dem Wolf auch in Schleswig-Holstein zu beachten sind. So weit so gut.
Niedersachsen hat im Zuge einer Novellierung seines Landesjagdgesetzes den Wolf sowie Wolfshybriden in „§5 Nach Landesrecht dem Jagdrecht unterliegende Tierarten“ aufgenommen. Gleichwohl besteht kein Recht der Jagdausübungsberechtigten zur Aneignung von Wölfen oder Wolfshybriden, auch das ist im neuen Gesetz festgelegt, sowie ein eigens geschaffener §28b „Sonderregelungen für den Wolf“. Die bisher in Niedersachsen geltende Wolfsrichtlinie wurde entsprechend aufgehoben, um Dopplungen zu vermeiden. Fun-fact am Rande, die Grünen haben der Gesetzesänderung nicht zugestimmt.
Das sehen die Grünen bei uns im Land anscheinend anders, denn hier wird nun die Landesregierung von Schwarz-Grün gebeten, einen Gesetzentwurf für Schleswig-Holstein zu erstellen, nach niedersächsischem Vorbild. Zudem wundere ich mich über das angestrebte Verfahren, indem die Koalition die Landesregierung bittet, einen Gesetzentwurf zu erstellen.
Die Novellierung des Jagdgesetzes, gerade in Bezug auf die Aufnahme des Wolfes, war in Niedersachsen nicht unumstritten, das wurde im parlamentarischen Anhörungsverfahren deutlich. Insbesondere die Stellungnahme des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes weist meines Erachtens auf Mängel und Zuständigkeitsprobleme hin, die nicht unerheblich sind.
Gleichwohl sage ich, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen, mit ganzjähriger Schonzeit, ist weiße Salbe. Der Wolf ist dadurch nicht weniger geschützt, es ändert sich quasi nichts am bisherigen Umgang mit dem Wolf.
Aus Sicht des SSW bleibt abzuwarten, inwieweit sich die Aufsplittung des MELUND in zwei neue Ministerien auswirken wird, beispielsweise in Bezug auf einen vermeintlichen Problemwolf. Auf der einen Seite das Umweltministerium als oberste Artenschutzbehörde und auf der anderen Seite das Landwirtschaftsministerium als oberste Jagdbehörde. Interessenkonflikte sind vorprogrammiert sind.
Ungeachtet möglicher Kompetenzstreitereien, bleibt für uns als SSW ausschlaggebend, wenn Schleswig-Holstein dem niedersächsischen Modell folgt, dann muss das alles rechtlich Wasserfest sein. Ansonsten leisten wir uns damit einen Bärendienst.