Rede · 05.05.2006 Aids Prävention hat Vorrang
Der Anstieg der jährlichen Neuinfektionen von AIDS in den letzten drei Jahren von 2000 auf 2.500 in Deutschland muss uns alle alarmieren. Fast 20 Jahre nach dem ersten Ausbruch von HIV und AIDS steigt auch die Zahl der Betroffenen in Schleswig-Holstein wieder an. Wobei weiterhin in erster Linie Männer zwischen 25 und 49 Jahren betroffen sind. Von 2003 bis 2005 stieg die Anzahl der Neuinfektionen in Schleswig-Holstein von 27 auf 56 Fälle. Davon waren nur 6 Frauen betroffen.
Nach der einigermaßen erfolgreichen Eindämmung der Krankheit Ende der 90ér Jahre hatten wir es in den letzten Jahren verstärkt mit einer Entwicklung zu tun, wo das Thema AIDS in der öffentlichen Wahrnehmung und in den Medien seinen Schrecken verloren und daher auch der Leichtsinn in Sachen Schutz vor AIDS leider wieder etwas Oberhand gewonnen hat. Das mag auch damit zusammenhängen, dass der medizinische Fortschritt dazu geführt hat, dass die Behandlungsmöglichkeiten von HIV-Infizierten sich stark verbessert haben. Deshalb hat sich die AIDS-Hilfearbeit auch gewandelt: Es geht jetzt nicht mehr um Sterbebegleitung, sondern um Beratung der Betroffenen, wie sie mit dieser Krankheit leben können.
In Schleswig-Holstein haben wir eine gewachsene Struktur von AIDS-Hilfevereinen oder AIDS-Beratungsstellen in den vier kreisfreien Städten sowie in Heide und auf Sylt. Diese Strukturen sind in den letzten Jahren insofern geändert worden, dass sie sich verstärkt auf die Beratung der Hilfesuchenden konzentrieren, während die Landesvereinigung der Gesundheitsförderung e.V. sich um die Prävention kümmern soll. Mit diesem Argument wurden im Landeshaushalt Kürzungen bei den AIDS-Hillfevereinen vorgenommen.
Im Bericht werden die Daten und Fakten der vergleichenden Auswertung der AIDS-Hilfe-Arbeit in Schleswig-Holstein von 2005 dargestellt. So wird z.B darauf verwiesen, dass es zwischen den AIDS-Hilfen sehr große quantitative Unterschiede in der Anzahl der erfolgten Klientelkontakte pro Mitarbeiter gibt. Es wird insbesondere darauf hingewiesen, dass ein Mitarbeiter in Kiel viel mehr Klientelkontakte hat als einer in Flensburg. Hier hätte ich mir allerdings gewünscht, dass man im Bericht auch erklärt, wieso das so ist. Denn die AIDS-Beratung in Flensburg hatte ja in 2004 mit internen Problemen zu kämpfen, die dazu führte, dass die AIDS-Hilfearbeit einige Monate ruhte. In Flensburg nahm man die Arbeit erst wieder Ende 2004 auf und hatte große Anfangsschwierigkeiten. Jetzt funktioniert die Arbeit in Flensburg wieder reibungslos indem die AIDS-Beratungsstelle der Diakonie zugeordnet wurde. Das heißt, die angegebenen Zahlen des Berichtszeitraums sind für Flensburg wenig aussagefähig und können nicht als Argument dafür herhalten, gewisse Beratungsarbeit z.B die sozialrechtliche Beratung nach Kiel oder Lübeck zu verlegen. Wir brauchen diese Arbeit an allen Standorten.
Dennoch geht es jetzt entscheidend darum, dass wir die AIDS-Prävention; das heißt die Aufklärung über die möglichen Gefahren der Krankheit, verstärkt in den Mittelpunkt stellen. Dieses Ziel der Landesregierung unterstützt selbstverständlich auch der SSW. Richtig ist dabei auch der Ansatz der Landesregierung, dass man den so genannten schleswig-holsteinischen AIDS-Präventionsparcours verstärkt zur Präventionsarbeit nutzen will.
Die guten Erfahrungen damit sollten dazu genutzt werden, dass noch mehr Schulen sich dieses Präventionsparcours bedienen, um die Jugendlichen frühzeitig über die entsprechenden Präventionsbotschaften zu erreichen.
Insgesamt fehlen uns aber im Bericht belastbare Daten über die bisher geleistete Präventionsarbeit. Denn wir müssen wir auch versuchen spezielle Risikogruppen - was nicht unbedingt nur männliche Homosexuelle sein müssen - besser als bisher in der Präventionsarbeit zu erreichen. Hier hätte ich mir schon gewünscht, dass der Bericht klarere Aussagen dazu macht, wie diese Gruppen durch Präventionsarbeit jenseits der Schulen erreicht werden soll.
Die AIDS- Präventionsarbeit muss also transparenter und nachvollziehbarer dargestellt werden. Zum Beispiel fehlt uns hier im Bericht auch ein Überblick, darüber welche Finanzmittel der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung zur Verfügung stehen oder ob es eine Zielvereinbarung mit der Landesregierung gibt und was gegebenenfalls drin steht. Diese Fakten benötigen wir, damit wir als Abgeordnete beurteilen können, ob die Präventionsarbeit in Schleswig-Holstein insgesamt sinnvoll gestaltet ist.