Rede · 13.10.2006 Ambulante Betreuung, ambulante Pflege, „Selbstständig leben und wohnen bei Pflege und Betreuungsbedarf“

Die Landesregierung berichtet darüber, dass der weit überwiegende Teil der Pflegebedürftigen in Schleswig-Holstein zu Hause versorgt wird. Das liegt nicht daran, dass es keine ausreichenden stationären Betreuungsangebote gibt, sondern daran, dass Menschen auch im Falle der Pflegebedürftigkeit lieber zu Hause bleiben wollen. Das 18. Altenparlament hat in seinem Beschlüssen kürzlich darauf hingewiesen, dass die Senioren den „eigenen vertrauten vier Wänden“ einer Unterbringung im Heim vorziehen, solange dem keine größeren Risiken entgegenstehen. Das Altenparlament fordert eine angemessene Betreuung, um diesem Wunsch der Pflegebedürftigen entsprechen zu können.

Die Experten in eigener Sache haben die Pflegeberatungsstellen ausdrücklich gelobt. Das tut die Landesregierung auch. Deren Fortbestand ist aber keineswegs gesichert, obwohl ihre Arbeit unbestritten wichtig ist. Keine Öffentlichkeitskampagne kann die solide Beratungsarbeit vor Ort ersetzen. Schließlich geht es darum, die Fakten zu erfahren: wer kann mir, wie helfen?  Die Beratungsstellen bieten individuelle Beratung im Einzelgespräch und geben den Angehörigen die nötigen Hilfsmittel an die Hand, ohne diese zu bevormunden.

Die trägerunabhängige Beratung kann in enger Kooperation mit den bestehenden Einrichtungen den Wechsel in eine stationäre Einrichtung verhindern oder aufschieben. Informationen über Hilfen zu Hause, aber auch technische Hilfsmittel und finanzielle Unterstützung bilden den Grundstein für die häusliche Pflege. Die Pflegebratungsstellen müssen erhalten werden und in eine institutionelle Förderung überführt werden. Sie bieten einen guten Service und sparen darüber hinaus uns allen auch noch Geld.

Es ist besonders ärgerlich, wenn in einem Bericht über ambulante Betreuung und Pflege bestimmte Angebote nicht aufgezählt werden, obwohl ausdrücklich nach den Angeboten gefragt wurde. Weder die Senioren-WG noch das Service-Büro Fruerlund werden genannt. Beide Ideen stammen übrigens aus Flensburg und werden mitfinanziert vom Selbsthilfebauverein. Diese Wohnungsbaugesellschaft versucht, der steigenden Nachfrage nach möglichst selbständigem Leben im Stadtteilquartier gerecht zu werden. Direkt in einem Wohngebiet mit hohem Anteil älterer Mieter wird eine qualifizierte Beratung angeboten und ein soziales Unterstützungsnetzwerk geknüpft. Das kommt dem Mehrgenerationenhaus des Altenparlaments schon ziemlich nahe.

Der SSW teilt den Enthusiasmus der Sozialministerin nicht, das Information der Schlüssel zum Erfolg ist. Nicht für alle Fälle hilft eine umfassende Information. Wer sich nicht betroffen fühlt, wird nicht auf Vorrat Informationen sammeln. Weite Bevölkerungskreise bleiben also außen vor, wenn Infokampagnen gefahren werden. Nachhaltige Überzeugungsarbeit muss mit stabilen Strukturen verbunden sein und hierzu gehört eine entsprechend gesicherte Förderung.

Wir lehnen Kampagnen nicht durchweg ab. Die sehr rührige „Landesagentur Demenz“ zeigt, wie Informationen nachhaltig an den Mann gebracht werden können. Die Agentur reist durchs Land und hat viele Mitstreiter für eine umfassende Infokampagne in diesem Herbst gefunden. Dabei geht es durchaus nicht nur um Angehörige und Pflegebedürftige selbst, sondern auch um das Schärfen des professionellen Blicks, wenn es um Demenz geht - die am wenigsten verstandene Volkskrankheit überhaupt. Ein ganzes Bündel von Veranstaltungen werden diese Krankheit und die damit verbundene Betreuung in den Blick rücken. Bedauerlichweise gibt es keine Termine der Landesagentur in Nordfriesland. Hier sollten wir klären, worin der Grund für diese einmalige regionale Ausnahme liegt.

Zum Alter gehört auch das Sterben. Wir haben vor kurzem hier im Landtag über die Hospizversorgung gesprochen. Würdevolles-Sterben-können in den eigenen vier Wänden ist nach langer Krankheit nur möglich, wenn ein Netz ambulanter Betreuung existiert. Die Situation ist noch lange nicht optimal; das gilt im Besonderen für den Kreis Nordfriesland. Dass Sterbenskranke für ein Sterben jenseits des Krankenhauses die Dienste des Katharinenhospizes in Flensburg in Anspruch nehmen müssen, wird in Nordfriesland oftmals beklagt. Auch der rührige Hospizverein Husum oder die Ehrenamtler auf Eiderstedt können kein gleichwertiges Angebot bieten. Die ehrenamtlichen Helfer stoßen an ihre Grenzen. Sie sind sehr engagiert in der Trauerarbeit und stehen Familien nach einem Trauerfall bei. Die Pflege eines Sterbenskranken können sie aber nicht leisten.
Wir brauchen deshalb ein flächendeckendes Hospizangebot und das wird mehr kosten, als die 30.000 Euro jährliche Unterstützung. Da muss richtig vom Land und von der kommunalen Seite in Infrastruktur investiert werden. Das sollten wir nicht vergessen.

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