Rede · 29.11.2006 Auswirkung des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung auf das Land Schleswig-Holstein


Bereits im September hat sich der Landtag mit der Gesundheitsreform der Bundesregierung beschäftigt. Seitdem hat die sogenannte „Elefantenrunde“ der Großen Koalition nach harter öffentlicher Auseinandersetzung noch mal einige Details der Reform verändert. Aber leider ist der nun vorliegende Gesetzentwurf zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung aus Sicht des SSW damit nicht entscheidend verbessert worden. In dieser Frage unterstützen wir also auch die massive Kritik von Landtagspräsident Kayenburg an der Reform.

Zwar hat die Koalition in Berlin seit der Einigung im Sommer - zum Beispiel in der Frage der Vorsorge für Patienten oder beim Versuch die Kostenexplosion der Arzneimittel in den Griff zu bekommen - kleine Fortschritte gemacht, aber dies ist bei weitem nicht ausreichend. Denn das Kernproblem dieser Reform ist weiterhin, dass die Versicherten die Zeche für den fehlenden Mut der Großen Koalition zahlen müssen.

Die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge ab dem nächsten Jahr ist eine Folge dieser Reform und man darf sich nicht wundern, dass dies gerade vor dem Hintergrund der Einführung der Praxisgebühr vor knapp drei Jahren von vielen als Affront angesehen wird. Denn der damalige Kompromiss zwischen Gesundheitsministerin Schmidt und CSU-Sozialpolitiker Seehofer wurde als Jahrhundertreform gepriesen und die damit beschlossene Einführung der Praxisgebühr sollte über Jahre hinaus eine Beitragserhöhung überflüssig machen.

Und jetzt haben wir sogar die Situation, dass unsere Rentnerinnen und Rentner nächstes Jahr nicht nur eine weitere Nullrunde hinnehmen müssen, sondern konkret weniger Rente ausbezahlt bekommen, weil auch sie eine Erhöhung der Krankenkassenbeiträge mittragen müssen. Dazu ist diese Erhöhung auch kontraproduktiv für die Arbeitsmarktsituation, wenn man das Ziel hat, die Lohnnebenkosten zu senken und damit mehr Menschen in Arbeit zu bringen.

Auch das Festhalten am Gesundheitsfonds lehnen wir weiterhin ab. Diesen bürokratischen Überbau brauchen wir nun wirklich nicht für ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem. Der Gesundheitsfonds führt aus unserer Sicht nur zur mehr Bürokratie und Intransparenz des Gesundheitssystems. Es bleibt zu hoffen, dass die Verschiebung bis 2009 dazu führt, dass sich die Verantwortlichen diesen Vorschlag noch mal überlegen.

Der SSW fordert weiterhin die Einführung der Bürgerversicherung, in die alle gesellschaftlichen Gruppen nach ihrer Leistungsfähigkeit einzahlen und die Einbeziehung der privaten Krankenkassen in das öffentliche System.  Dies würde dem steuerfinanzierten Gesundheitssystem nach skandinavischem Vorbild, dass der SSW befürwortet, am nächsten kommen.

Für Schleswig-Holstein sehen wir als Konsequenz aus dieser Reform ganz konkret insbesondere große Probleme für unsere Krankenhäuser. Zwar wurde der Sanierungsbeitrag der Krankenhäuser von 1% auf 0,7% reduziert. Da diese Reduzierung allerdings auf der Basis der für uns ungünstigen und ungerechten Landesbasisfallwerte erfolgt ist, sehen wir die Konkurrenzfähigkeit der schleswig-holsteinischen Krankenhäuser gefährdet und befürchten daher die Schwächung der stationären Versorgung in unserem Land.

Ich kann das an einem konkreten Beispiel erläutern. Mir liegt die Stellungnahme des Klinikum Nordfriesland, das mit .1000 Beschäftigten zu den größten Arbeitgebern der Region gehört, zur Gesundheitsreform beim vor. In der Stellungnahme wird dargelegt, dass der Solidarbeitrag aus der Gesundheitsreform dem Klinikum jährlich 300.000,- € Mehrkosten verursachen wird. Dazu entstehen durch die Mehrwertsteuererhöhung der Bundesregierung ebenfalls 300.000,-€ zusätzliche Kosten. Auch die Tarifmehrkosten werden ab nächstes Jahr erheblich sein. 

Aus Sicht der Leitung des Klinikums sind dabei die zusätzlichen Kosten aus dem Solidarbeitrag wirklich der berühmte Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt. Man darf nicht vergessen, dass die Krankenhäuser bereits seit Jahren mit Reformen konfrontiert werden, die immer auch zum Ziel hatten, das Krankenhauswesen in ihrem Budgetrahmen zu begrenzen. Dabei haben die schleswig-holsteinischen Krankenhäuser erhebliche Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt. Doch nun ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Weitere Belastungen sind kaum mehr verträglich.

Wir fordern daher die Landesregierung auf, dass sie sich im Bundesrat für eine weitere Reduzierung des Solidarbeitrages der Krankenhäuser einsetzt. Ansonsten werden wir im Lande erleben, dass viele Krankenhäuser in Existenznot kommen. Allerdings sind wir auch der Meinung, dass die Gesundheitsreform grundlegend geändert werden muss, bevor die Landesregierung im Bundesrat zustimmen darf. Wenn es keine Änderungen in positiver Richtung gibt, muss die Landesregierung die Reform im Bundesrat ablehnen. 

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