Rede · 20.05.2021 Das Land muss mehr Schulsozialarbeit anbieten und wir als SSW sind bereit dazu!

„Wenn wir gesellschaftlich irgendwie ausgleichen wollen, was unsere Kinder und Jugendlichen im letzten Jahr erlebt haben, müssen wir jetzt mutige Schritte gehen und da investieren, wo unsere Zukunft liegt. Und das sind unsere Schülerinnen und Schüler.“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 23 - Pakt für mehr Schulsozialarbeit (Drs. 19/2948)

Ich muss Ihnen die Situationen von Kindern und Jugendlichen ja wahrscheinlich nicht erklären. Sie befinden sich neben den psychischen Anstrengungen, die eine Pandemie an sich schon mit sich bringt, seit Monaten im Wechsel zwischen Präsenz-, Hybrid- und Distanzunterricht. Das, was Struktur gibt, nämlich der sichere Schulalltag, ist ihnen weggebrochen. 
Sie konnten monatelang ihre Freundinnen und Freunde nicht treffen und haben ein Jahr lang in Angst gelebt, unbemerkt ältere oder vorerkrankte Familienmitglieder anzustecken. Das macht etwas mit einem. 
Dazu kommen die Diskussionen, die lange über sie und ihre Zukunft geführt worden. Wer vor Corona keine Zukunftsängste hatte, der hat sie vermutlich jetzt. 

Es wird in den nächsten Jahren darum gehen, das aufzufangen, was durch die Krise des letzten Jahres eingebrochen ist. An keiner einzigen Schülerin, keinem einzigen Schüler, geht ein Jahr wie das zurückliegende spurlos vorbei. Wir werden erst in den nächsten Jahren wirklich merken, an wie vielen Stellen Schulen ihrer Funktion nicht gerecht werden konnten. Und da denke ich nicht nur ans Lesen lernen, ans Kopfrechnen, an die ersten Referate, Hausarbeiten und Praktika. Ich denke auch an Persönlichkeitsentwickung, Eigenständigkeit, psychische Gesundheit. Schule ist so viel mehr als fachliche Inhalte vermitteln. 
Wenn wir gesellschaftlich irgendwie ausgleichen wollen, was unsere Kinder und Jugendlichen im letzten Jahr erlebt haben, müssen wir jetzt mutige Schritte gehen und da investieren, wo unsere Zukunft liegt. 
Und das sind unsere Schülerinnen und Schüler. 

Und dabei ist eben auch klar, dass unsere Lehrkräfte kaum noch Kapazitäten haben, zu reagieren, oder es überhaupt mitzubekommen, wenn zu Hause etwas passiert, wo man eingreifen muss. Für diese Fälle brauchen wir jetzt umso mehr unsere multiprofessionellen Teams, die wissen, was zu tun ist. 
Und hier sind wir beim Thema unseres Antrags. Die Schulsozialarbeit setzt genau hier an, in der Erfüllung des pädagogischen Auftrags von Schule. 
Wir fordern daher die Landesregierung auf, gemeinsam mit dem Bund und den Kreisen und Kommunen für Zuverlässigkeit zu sorgen! 
Wir brauchen einen Pakt für mehr Schulsozialarbeit, der über das hinaus geht, was wir im Land jetzt schon haben. 

Es muss jetzt darum gehen, dass alle Ebenen die Notwendigkeit und den Bedarf erkennen und gemeinsam dafür Sorge tragen, dass ausreichend finanzielle Mittel bereit stehen. Und natürlich müssen sich auch die Kommunen im Rahmen ihrer Möglichkeiten beteiligen. Die Schulträger müssen ihrer Verantwortung gerecht werden. Gerade deswegen fordern wir auch den gemeinsamen Dialog. 

Schulsozialarbeiterinnen und -Arbeiter erfüllen für Kinder und Jugendliche wichtige Funktionen neben dem inhaltlichen Lernen in Schulen. Sie sind Kontakt- und Vertrauenspersonen fernab der Familie. Und sie sorgen dafür, dass die Rückzugsorte der Schülerinnen und Schüler neben der Schule und dem eigenen Zuhause, wie Jugendzentren und Bibliotheken auch sichere Räume sind.  Es reicht ja nicht aus, einfach einen Ort bereit zu stellen, es braucht schon auch die pädagogische Betreuung. 

Wir haben als Küstenkoalition die Schulsozialarbeit enorm gestärkt. 2015 haben wir uns dazu entschieden, als Land den Bundesanteil zu übernehmen und den Kreisen und Kreisfreien Städten aus FAG-Mitteln jährlich 13,2 Millionen Euro zweckgebunden für die Schulsozialarbeit bereit zu stellen. Dazu kommen die 4,6 Millionen, die seit 2011 als Mittel für Maßnahmen der Schulsozialarbeit jährlich gewährt werden. Also haben wir, ich überschlage mal, 18 Millionen, die den Status quo absichern. 
Das ist eigentlich schon richtig gut. 

Jetzt kommen aber die Auswirkungen der Pandemie dazu und da ist eben auch klar, dass diese Mittel nicht mehr ausreichen werden. Das, wofür wir als Küstenkoalition den Weg bereitet haben, muss nun von Jamaika ausgebaut werden. 
Das Land muss mehr stemmen und wir als SSW sind gemeinsam mit der SPD bereit dazu! 

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