Rede · 15.12.2016 Der CDU-Plan würde die Windbranche bei uns im Land abwürgen
Lars Harms zu TOP 1+9+27a) Aktuelle Stunde „Windenergie-Pläne der Landesregierung“b) Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzesc) Akzeptanz der Windenergie erhalten – Industriestandort Schleswig-Holstein stärken – Bürger von den Kosten nicht genutzten Stroms entlasten
„Wir bringen mit unserer Planung die Energiewende voran, beteiligen die Bürger breit, legen unsere Planungen transparent vor, sorgen für Klimaschutz und wir unterstützen einen wichtigen Wirtschaftszweig bei uns im Land. Besser geht’s nicht.“
Mit dem Urteil des OVG war klar, die Ausweisung von Windenergieflächen muss komplett auf neue Füße gestellt werden. Damit wurde die Landesregierung – als oberste Planungsbehörde – aufgefordert, tätig zu werden. Das hat sie gemacht. Sie hat in einem ersten Schritt das Gespräch mit allen Beteiligten gesucht und die Situation erörtert. Klar war zu dem Zeitpunkt, dass die bis Dato gültigen Teilfortschreibungen der Regionalpläne zu Windeignungsflächen quasi ihre Rechtswirksamkeit verloren haben. Das hat bei den Anlagen- sowie den Netzbetreibern, den Gemeinden, den Ämtern und Kreisen und letztendlich bei den Bürgern für Ungewissheit darüber gesorgt, was das Urteil für die Zukunft bedeutet. Die Landesregierung hat seinerzeit das Heft in die Hand genommen und einen Weg aufgezeigt, wie man gedenkt, aus der Klemme zu kommen.
Die Landesregierung hat Maßnahmen ergriffen, um dabei drei wichtige Ziele sicherzustellen: Erstens, kein ungesteuerter Ausbau der Windenergienutzung in Schleswig-Holstein allein auf Basis der Privilegierung nach Baugesetzbuch, zweitens, keine Übertragung der vollen Planungsverantwortung auf die einzelnen Gemeinden, sondern weiterhin Steuerung der Windenergienutzung durch Regionalpläne und drittens, kein Ausbaustopp für Windenergie in Schleswig-Holstein während der Aufstellungsphase der neuen Pläne.
Es wurden Krücken geschaffen, die den Ausbau vorübergehend eingeschränkt, aber kontrolliert ermöglichten, um die Windbranche nicht gänzlich zu gefährden. Parallel dazu hat die Landesregierung daran gearbeitet, ein rechtssicheres und raumverträgliches Planungsinstrument zu schaffen, das die Anforderungen des OVG erfüllt.
Und da stehen wir heute. Seit dem 6.Dezember wissen wir, wie die Entwürfe der Windenergie-Regionalpläne für Schleswig-Holstein aussehen.
Ich stelle fest: Es wurden insgesamt 354 Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen. Das entspricht einem Anteil von 1,98% der Landesfläche. Damit werden 98% von Windenergieanlagen freigehalten. Also immer noch der weit überwiegende Teil des Landes. Von einer Verspargelung kann man also nicht reden.
Ich stelle weiter fest: Diese Zahlen unterliegen keinem willkürlichen Findungsprozess. Sie basieren auf objektiven Kriterien, die in einem ausführlichen Abwägungsprozess ermittelt wurden. Sie sind sachlich und fachlich begründet. Das allein ist ausschlaggebend.
Bei der Neuaufstellung der Pläne wurde anhand der Kriterien auf das ganze Land geschaut. Damit war die Landesplanungsbehörde auch rechtlich dazu verpflichtet, bei der Neuaufstellung von Plänen landesweit einheitlich nach den raumverträglichsten Standorten zu suchen. Wobei Altstandorte nicht ausgelassen werden dürfen. Soll heißen: Es wurden planerische Fehler der Vergangenheit ausgeräumt oder die Weiterentwicklung der Technologie wurde berücksichtigt. Das bedeutet, dass von den derzeit bestehenden 3060 Anlagen, heute rund 1300 Anlagen außerhalb der Vorranggebiete liegen. Das heißt, dass diese Anlagen zwar einen Bestandsschutz genießen, aber nur bis sie ihre technische Lebenserwartung erreicht haben. Danach müssen sie abgebaut werden. Faktisch bedeutet das, dass es langfristig einen massiven Rückbau von Anlagen geben wird. Das gilt insbesondere für bestehende siedlungsnahe Windkraftstandorte oder Standorte die nicht mehr die Planungskriterien erfüllen. Das gehört auch dazu, denn auch damit wird aufgeräumt.
Das Repowering ist durch die neuen Pläne klar geregelt. Dies darf künftig nur in den Vorranggebieten durchgeführt werden und auch nur dann, wenn zwei Altanlagen im Gegenzug verschwinden. Das soll dazu beitragen, dass unkontrollierter Windenergieausbau an bestimmten Standorten wieder rückgebaut wird. Neben den Repowering-Anlagen wird es trotzdem auch weiter möglich sein Windkraftanlagen zu bauen. Schließlich wollen wir auch künftig unseren Beitrag zur Energiewende leisten. Nach derzeitigen Plänen soll die produzierte Strommenge aus Windenergie von derzeit 6,5 Gigawatt auf insgesamt 10 Gigawatt steigen. Das bedeutet, bis 2025 wird es einen rechnerischen Zuwachs von rund 500 Windkraftanlagen geben.
Ich denke, dass dies eine gute Nachricht für die Windbranche ist. Denn sie ist ein erheblicher wirtschaftlicher Faktor bei uns im Land, mit qualifizierten Arbeitsplätzen.
Kaum eine Diskussion wird derzeit landauf landab so emotional geführt wie die um die Ausgestaltung der Windenergie bei uns im Land. Dazu muss ich sagen, der Prozess ist nicht abgeschlossen. Ab jetzt und noch die nächsten Monate sind wir in der Anhörungsphase. Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, sich am laufenden raumordnerischen Verfahren zu beteiligen. Sie können sich die Flächen ansehen und flurstückscharf ein Bild davon machen welche Gebiete künftig für den Ausbau der Windenergie vorgesehen sind und welche nicht.
Voraussichtlich ab dem 27. Dezember können die Bürger Stellungnahmen zu jeder einzelnen für Windkraft berücksichtigten und nicht berücksichtigten Fläche im Rahmen der Regionalpläne abgeben. Ob für oder wider – alle Argumente und Stellungnahmen werden gewissenhaft geprüft und im Rahmen der Planung abgewägt. Ich möchte deutlich sagen, das ist das größte Beteiligungsverfahren das es in Schleswig-Holstein gegeben hat. Der Bürger bekommt die Möglichkeit, sich zu jeder Fläche zu äußern. Sie muss nicht einmal in seiner unmittelbaren Umgebung liegen. Von mangelnder Bürgerbeteiligung kann man hier also überhaupt nicht reden!
Mit der Neuausrichtung der Windplanung schaffen wir neue Rechtssicherheit, nicht nur für Investoren und Antragsteller, sondern auch für die betroffenen Gemeinden und Bürger. Darauf kommt es an.
Die Kampagne der CDU gegen die Pläne der Landesregierung, ist reine Angstmache. Sie ist weder von Fachlichkeit noch von Sachverstand geprägt. Anders kann ich mir die Diskussion nicht erklären. Denn wie wollen sie die Energiewende schaffen, wenn sie fordern, die Abstände zu Einzelhäusern und Splittersiedlungen im Außenbereich im Regelfall auf 500 Meter und zum Innenbereich sowie zu Siedlungsbereichen mit Wohn- und Erholungsfunktion im Regelfall auf 1.200 Meter zu erhöhen. Was bedeutet hier überhaupt Regelfall? Wo wollen sie Ausnahmen zulassen? Mit ihrem Antrag streuen sie den Menschen nur Sand in die Augen.
Die von der Landesplanungsbehörde gewählten Mindestabstände zur Wohnbebauung zum Schutz der Bevölkerung sind die Tabukriterien mit der größten Flächenwirksamkeit. Das heißt, das harte Tabukriterium Wohnbebauung hat eine Tabuzone von rund 46,7% der Landesfläche. Das Tabukriterium Siedlungsabstände hat in der Überlagerung eine Tabuzone von rund 31%. In der Summe machen Wohnbebauungs- und Siedlungsabstände rund 78% aus. Zurückzuführen ist dies auf die starke Zersiedlung der schleswig-holsteinischen Landschaft.
Würde man jedoch der Abstandsregelung der CDU folgen, würde dies faktisch bedeuten, dass ab sofort keine Windkraftanlagen mehr gebaut werden dürfen. Weite Teile der Bestandsanlagen hätten nur noch Bestandsschutz und müssten sukzessive abgebaut werden. Ist es das, was die CDU will? Oder will die CDU auf andere Kriterien verzichten, die jetzt Anwendung finden?
Wenn ja, auf was soll verzichtet werden? Wollen sie auf die Umzingelungsregel verzichten? Oder sollen Belange des Denkmal-, Landschafts- oder Naturschutzes keine Rolle spielen?
Lauter Fragen auf die die CDU keine Antworten gibt. Für uns sind auch diese Punkte Ehrensache. Es sind keine unrelevanten Kriterien, denn wir wollen nicht, dass unser heimatliches Landschaftsbild zerstört wird. Deshalb sind Gebiete, die von Windenergie freigehalten werden, genauso wichtig, wie Abstände zu den wichtigsten Naturschutzräumen oder Denkmälern.
Diese Bestätigung haben wir beispielsweise von der IG Baupflege aus Nordfriesland/Dithmarschen erfahren, die die Windkraftregelung für Eiderstedt begrüßt, eben weil wir das Landschaftsbild sowie Denkmale schützen.
Wir stehen zur Energiewende und den Ausbau der Windenergie. Denn das trägt maßgeblich zur Wertschöpfung bei und es werden weitere hochqualifizierte Arbeitsplätze und Einkommen geschaffen. Das prägt unser verantwortungsvolles Handeln. Wer die Energiewende nicht haben will, soll dies dann bitte schön auch klar sagen. Oder er soll sagen, nach welchen Kriterien der Ausbau der Windenergie von statten gehen soll. Ich kann nur feststellen, dass das was die CDU hier vorgelegt hat, die Windbranche bei uns im Land abwürgt. Das ist wirtschaftsfeindliche Politik, die den großen Energiekonzernen in die Karten spielt.
Damit wären wir dann auch schon bei dem Punkt der Netzkapazitäten. Immer wieder wird in dem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Netzkapazitäten nicht ausreichen und der Ausbau der Netze mit dem Ausbau der Energieproduktion besser verzahnt werden müsse. Dazu kann ich nur sagen, die Netzkapazitäten reichen nicht aus, weil sie voll sind mit Strom aus fossilen Kraftwerken und weil nicht alle Länder den Ausbau der Netze mit gleichem Elan voran gebracht haben – im Gegenteil, der Ausbau wurde teilweise sogar blockiert.
Statt also von Wegwerfstrom zu sprechen, weil Windkraftanalgen abgeregelt werden, sollte stärker das Abregeln von Atom-, Gas-, Öl- und Kohlekraftwerken in den Focus gerückt werden. Das ist nämlich der wahre Wegwerfstrom. Wir bringen mit unserer Planung die Energiewende voran, beteiligen die Bürger breit, legen unsere Planungen transparent vor, sorgen für Klimaschutz und wir unterstützen einen wichtigen Wirtschaftszweig bei uns im Land. Besser geht’s nicht.