Rede · 30.06.2022 Die Bürgerinnen und Bürger auch bei der Grundsteuer entlasten

„Das Wichtigste ist aber: Das Steueraufkommen und die entsprechende Belastung durch die neu berechnete Grundsteuer sollten nach der Umstellung gleichbleiben.“

Lars Harms zu TOP 9 - Gesetz zur Umsetzung des Grundsteuermodells nach dem sog. Flächen-Faktor-Verfahren (Drs. 20/32)

Kaum ist die Jamaika-Koalition Geschichte, werden damalige koalitionsinterne Differenzen nun wieder neu aufgerollt. Die FDP lädt mit ihrem Gesetzentwurf zu einer weiteren kontroversen Diskussionsrunde um das beste Grundsteuermodell für Schleswig-Holstein ein. 

Doch anders als in den bisherigen Beratungsdebatten dazu stehen wir inzwischen an einem anderen Punkt des Zeitstrahls: Die vorherige Landesregierung hat das Bundesmodell konkret auf den Weg gebracht, welches Anfang dieses Jahres auch angelaufen ist. Im Laufe bis Ende Juli werden die Bürgerinnen und Bürger Informationen und Aufforderungen zur entsprechenden Steuererklärung erhalten. Ab morgen und dann bis Ende Oktober läuft die Frist. 
Der vorliegende Gesetzentwurf der FDP sieht nun vor, dass wir „die Reißleine ziehen“ und doch noch auf das Flächen-Faktor-Verfahren nach hessischem Vorbild umswitchen sollen. Mehrkosten entstünden nicht, im Gegenteil – es könnten angeblich Ressourcen eingespart werden. Und die bisher geleistete Vorarbeit könne weitestgehend weiterverwertet werden. Dennoch sind wir vom SSW eher skeptisch, was den Gesetzentwurf betrifft – hauptsächlich wegen des zeitlichen Faktors.

Der Intention, die dahintersteckt, können wir durchaus folgen. Auch wir wollen die Bürgerinnen und Bürger entlasten, nicht zusätzlich belasten. Entsprechend war und ist uns bei der Grundsteuerreform ja immer wichtig gewesen, dass diese rechtssicher und möglichst transparent und gerecht sein sollte. Das Wichtigste ist aber: Das Steueraufkommen und die entsprechende Belastung durch die neu berechnete Grundsteuer sollten nach der Umstellung gleichbleiben. 
Aber wir stehen nun wie gesagt kurz vor dem Stichtag. Der Weg ist beschritten. Nun doch noch einmal woanders abzubiegen, ergäbe nur Sinn, wenn darin eindeutige Vorteile lägen. Diese Eindeutigkeit sehen wir eher nicht gegeben.

Würde man beispielsweise rein nach Einfachheit und geringem bürokratischen Aufwand gehen, dann wäre wohl das baden-württembergische Bodenwertmodell die erste Wahl. Dieses ist in der Praxis aber ehrlicherweise wenig gerecht. In puncto Genauigkeit und vermeintlich ausgeklügelter Gerechtigkeit wäre eventuell tatsächlich u.a. das Hessen-Modell eine präferierte Wahl, aber dafür ist die Berechnung auch recht komplex und bindet durchaus auch Personal. Ob nun Bundes- oder Hessenmodell – die Daten, die erhoben und verarbeitet werden müssen, sind im Grunde dieselben. Für die Bürgerinnen und Bürger änderte sich vom Aufwand her also nichts. Und ob man in der Praxis wirklich mit bedeutend weniger Geld und Personal auskäme, wenn man nun doch noch intern umstellte, ist nicht eindeutig berechenbar. Die jeweiligen Vor- und Nachteile geben sich daher insgesamt nicht viel.

Tatsache ist: Das eine „perfekte“ Grundsteuermodell gibt es nicht. Keines der verschiedenen Modelle wird eine 100 %-ige Gerechtigkeit herstellen können. Man wird zwar immerhin mit aktualisierten Daten arbeiten können, aber auch mit einer neuen Berechnungsmethode wird es weiterhin Schieflagen in der Praxis geben. Es wird wieder Gewinner und eben auch Verlierer geben, auch wenn letztere zahlenmäßig natürlich möglichst gering zu halten sind.

Die alte und neue Finanzministerin Heinold hatte das Ziel einer „aufkommensneutralen Reform“ formuliert. Dies gilt es einzuhalten. Die Kommunen sind gefragt, faire Hebesätze anzusetzen, ein umfangreiches Transparenzregister bleibt weiterhin wünschenswert und grundsätzlich sollte auch einfach noch mehr in die Digitalisierung und Vernetzung der Behörden – auch untereinander – investiert werden. Dann könnte vieles von den Daten und Prozessen endlich automatisiert werden. Es braucht insgesamt einfach ein deutlich verbessertes und umfangreicheres Online-Service-Angebot für sämtliche Bürgerangelegenheiten, was gerade wir vom SSW ja seit Jahren regelmäßig mit Verweis auf Dänemark als Vorbild anfordern. 

Außerdem ist festzustellen, dass wir ja nun doch den bundesweiten Flickenteppich haben, sodass es sicherlich nicht lange dauern wird, bis die ersten Klagen zu welchem Modell auch immer eingereicht werden. Das letzte Wort ist hier bis zur planmäßigen Anwendung ab 2025 noch nicht gesprochen. Aber wir müssen und sollten nun mit dem arbeiten, was wir haben. Mit dieser Position werden wir in die Ausschussberatung zu diesem FDP-Gesetzentwurf gehen und dann schauen, welchen weiteren Weg dieser nehmen wird.

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