Rede · 17.07.2024 Die Coaching-Programme dürfen keine Eintagsfliegen bleiben
„Behinderungen dürfen auf dem Arbeitsmarkt keine Rolle spielen, schließlich gibt es eine breite Palette an technischen, aber auch an gesetzlichen Hilfsmitteln, die den Arbeitsnehmern mit Behinderungen einen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Landesregierung diesen Weg konsequent weitergehen will.“
Sybilla Nitsch zu TOP 14+39 - Bericht Coaching-Fachkräfte in Schleswig-Holstein, Vertragssituation für Coaching-Fachkräfte in Schleswig-Holstein (Drs 20/2164, Drs. 20/2302)
Coaches gewähren Schülerinnen und Schülern eine neue Perspektive. Sie vergeben nämlich keine Noten und sprechen auch nicht die Lehrersprache. Ihr Verhältnis zu den Schülern basiert auf Vertrauen und so können sie Brücken zwischen Schule und Arbeitsmarkt bauen. Sie können Stärken erkennen und dementsprechend zu den nächsten Schritten motivieren. Der Einsatz von Coaches ist richtig gut; eine Verstetigung der Programme ist daher sehr wichtig. Bei den Verhandlungen zur kommenden ESF-Förderperiode muss sich die Landesregierung demensprechend zu Wort melden. Die Coaching-Programme dürfen keine Eintagsfliegen bleiben.
Der vorgelegte Bericht zeigt die Bemühungen der Landesregierung den jahrzehntelangen Übergangs-Automatismus von den Förderzentren in die Werkstätten für behinderte Menschen aufzulösen. Das ist ein Riesenschritt hin zur Integration. Wenn die Förderzentren das mittels Coaching hinbekommen, klingt das sehr vielversprechend und unterstützenswert. Behinderungen dürfen auf dem Arbeitsmarkt keine Rolle spielen, schließlich gibt es eine breite Palette an technischen, aber auch an gesetzlichen Hilfsmitteln, die den Arbeitsnehmern mit Behinderungen einen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Landesregierung diesen Weg konsequent weitergehen will. Coaching ist dafür ein wichtiger Baustein.
Wer sich allerdings ein bisschen in der Bildungspolitik auskennt, weiß, dass dem Schulabschluss eine zentrale Rolle zukommt. Das bekommen gerade viele Geflüchtete zu spüren, die zwar ausgesprochen viel Kompetenz haben, aber eben keinen Schulabschluss bzw. ihr Schulabschluss wird nicht anerkannt.
Viele Betriebe klappen Bewerbungsmappen sofort wieder zu, wenn dort kein Abschlusszeugnis beigelegt ist. Der Abschluss ist die Eintrittskarte in den Arbeitsmarkt. Darum setze ich mich für alle Maßnahmen ein, die es Schülerinnen und Schülern ermöglichen, zumindest den ersten Abschluss hinzubekommen. Dann können sie sich zwischen Ausbildung oder dem direkten Einstieg in den Arbeitsmarkt entscheiden. Wer später im Leben den Abschluss nachmachen möchte, hat meist schon Familie oder andere Verpflichtungen – dann wird es dementsprechend schwer. Wenn Coaches dagegen direkt zum Abschluss motivieren, dann meine ich: her mit ihnen!
Aber leider zeigt der Bericht, dass das Coaching nicht immer in einem Abschluss mündet. Auch der sehr beeindruckende Sachbericht eines Trägers im Bericht zeigt letztlich, dass es in dem geschilderten Fall nicht zu einem Abschluss gereicht hat. Ich gehe davon aus, dass das Kultusministerium den Fall als typisch angesehen hat und deshalb ausführlich zitiert. Sollte es allerdings typisch sein, dass kein Abschluss anvisiert wird, erweist man den Schülerinnen und Schülern einen Bärendienst. Spätestens in zehn Jahren wird Gibran ohne Abschluss den weiteren Karriereweg nicht so beschreiten können wie seine Kollegen mit Abschluss. Diese Konsequenz kann er jetzt noch nicht absehen. Dafür muss sein Coach sorgen bzw. die Strukturen, die die Coaches unterstützen.
Zum Abschluss ein Wort zu den Schulen der Dänischen Minderheit, die immer noch nicht in allen Landkreisen und Gemeinden als gleichberechtigte Bildungswege in die Planungen miteinbezogen werden. Nicht immer werden bei neuen Programmen diese Schulen eingeladen, informiert oder überhaupt erst einmal angeschrieben, was einige Schulen auch bei den Coaching-Programme kritisieren. Ich würde mir wünschen, dass wir diese Trennung endlich überwinden und dass die Schulen der dänischen Minderheit in die Routinen der Behörden eingepflegt werden.