Rede · 23.07.2025 Die Landesregierung muss Verantwortung für ihre Fehler übernehmen

„Wir haben kein Erkenntnisdefizit, wir haben ein Verantwortungsdefizit. Mit einem Sonderbericht des Landesrechnungshofs bekommen wir eine unabhängige Prüfung, die zur weiteren Aufarbeitung in der Causa Northvolt beitragen kann. Wir müssen verhindern, dass sich so etwas wiederholt. Es geht um Vertrauen in Politik, um Respekt gegenüber dem Parlament und um den sorgfältigen Umgang mit Steuergeld.“

Sybilla Nitsch zu TOP 38 - Sonderbericht des Landesrechnungshofs zur Absicherung der Wandelanleihe für Northvolt durch das Land (Drs. 20/3446)

Wir haben inzwischen mehrere Ausschusssitzungen zur Aufarbeitung in der Causa Northvolt hinter uns und es werden noch weitere folgen. Landesregierung und Opposition kommen bislang zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen und Schlussfolgerungen. Es ist angesichts des immensen finanziellen Schadens für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler jedoch extrem wichtig, dass wir die Vorgänge umfassend, transparent und sorgfältig aufarbeiten.

Daher haben wir gemeinsam als Opposition – SPD, FDP und SSW – diesen Antrag auf einen Sonderbericht des Landesrechnungshofes eingebracht. Dies ist keine parteipolitische Spitze. Dies ist ein Akt verantwortungsvoller Haushalts- und Parlamentarierpflicht.
Als Organ der öffentlichen Finanzkontrolle kann der Landesrechnungshof den gesamten Vorgang noch einmal dezidiert prüfen und seine Beurteilung über das Regierungshandeln sowie die Informationsgrundlagen abgeben.
Dies wird ein sehr entscheidender Sonderbericht. Wir brauchen vollständige Transparenz darüber, wie es zu dieser Ausfallbürgschaft kam, auf welcher Informationsgrundlage die Landesregierung gehandelt hat – und was die Landesregierung uns und ja auch dem Landesrechnungshof an Informationen vorenthalten hat. Darum geht es ja im Kern seit Monaten – und hier ist der Sonderbericht ein Teil der Aufarbeitung. Denn wir müssen verhindern, dass sich so etwas wiederholen kann. Es geht um Vertrauen in Politik, um Respekt gegenüber dem Parlament und um den sorgfältigen Umgang mit Steuergeld.

Der Schaden ist da. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind belastet. Und dass das Parlament nicht vollständig informiert wurde, ist ein schwerer, aber belegbarer Vorwurf.
Die Fraktionen im Landtag, wir alle, haben der Entscheidung seinerzeit zugestimmt – die Verantwortung für die Vorbereitung, Risikoabwägung und Absicherung lag aber bei der Landesregierung. Und mit Blick auf das PwC-Gutachten steht im Raum, dass der Landtag seine Entscheidung auf unvollständiger Informationsgrundlage treffen musste, weil die Landesregierung ihm dieses zentrale Dokument schlicht vorenthalten hat. Und im Übrigen ja auch dem Landesrechnungshof vorenthalten hat – und auf Nachfragen der Landesrechnungshof-Präsidentin in Hinblick auf potenzielle Gutachten im Hintergrund sehr ausweichend geantwortet hat.
Das VS-Vertraulich-Argument zieht an dieser Stelle jedoch schon längst nicht mehr. Denn die Landesregierung hätte das Gutachten laut expliziter Formulierung in einem PwC-Schreiben (Januar 2023) schon direkt nach Erhalt an „die mit der Bearbeitung des Finanzierungsantrages befassten Stellen“ weitergeben dürfen – unter anderem namentlich erwähnt an den Landesrechnungshof, sowie den Schleswig-Holsteinischen Landtag. Hat sie jedoch nicht. Diese Erkenntnis steht fest.
Zudem werden auch die verschiedenen Produktionskapazitäts-Planungen und die SWOT-Analyse in den kommenden Ausschusssitzungen noch eine Rolle spielen, das werden wir dann noch herausarbeiten.

Die Aufarbeitung im Ausschuss sowie durch den Sonderbericht sollen uns Transparenz und Gewissheit bringen: 
War die Entscheidung über die Bürgschaft fundiert? 
War sie wirtschaftlich verantwortbar? 
War sie politisch vertretbar? 
Und hatten wir als Abgeordnete eine tragfähige Entscheidungsgrundlage? 
Aus der bisherigen Aufarbeitung lässt sich aus unserer Sicht bereits deutlich erkennen, dass dem eben nicht so war. Dies muss auch die Landesregierung endlich einmal einräumen und politische Mit-Verantwortung übernehmen – neben dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Solange die Landesregierung jedoch weiterhin relativiert und ausweicht, solange bleiben wir dran, denn wenn der Mut zum Übermut wurde, darf der Mut im Nachgang nicht fehlen Fehler einzuräumen.

Parallel muss es nun natürlich auch darum gehen, wie es weitergeht in Heide und was wir alle aus diesem Vorgang lernen müssen. Wichtig ist: Der aufbereitete Ansiedlungsstandort, das Gelände in Heide, darf nicht verramscht werden!
Und potenzielle Investoren bzw. Ansiedlungsprojekte müssen besser geprüft werden.
Zudem braucht es künftig solidere Leitlinien für wirtschaftspolitische Projektförderung (wenn überhaupt noch einmal in dieser Größenordnung), und womöglich könnte ein strukturierter „Lessons Learned“-Bericht der Landesregierung zusätzlich hilfreich sein.
In diesem könnte die Landesregierung aus ihrer Sicht darlegen, wo es in welcher Form gehakt hat, und wie eine Wiederholung solcher Vorgänge künftig ausgeschlossen werden kann. Dieser wäre dann dem Landtag vorzulegen.

Ich habe bereits mehrfach festgehalten: Wir haben kein Erkenntnisdefizit, sondern wir haben ein Verantwortungsdefizit. Und wir bleiben dran an der Aufarbeitung: 
Der Sonderbericht des Landesrechnungshofes ist nun beantragt – faktenbasiert, transparent und im Dienst des Landtags. Wir werden diesen genau lesen.
Machen Sie den Weg frei für die Aufarbeitung.

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