Rede · 14.11.2014 Fachkräftemangel endlich durch bessere Rahmenbedingungen bekämpfen
Flemming Meyer zu TOP 12+13 - Die Pflegequalität muss im Vordergrund stehen + Nachqualifizierung von Hilfskräften im Pflegeberuf
Drs.
„“
Wir alle kennen die Ausgangslage und wissen wie dramatisch sie ist. Kaum ein anderer Bereich ist so stark vom demografischen Wandel betroffen, wie der Pflegebereich. Die unterschiedlichen Prognosen sprechen für sich. Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, die Geburtenrate wird weiter sinken. Schon heute fehlen uns Fachkräfte und der Druck auf die professionell Pflegenden wächst damit stetig.
Aus Sicht des SSW ist in Sachen Pflege eines sehr bedauerlich: In den letzten Jahren erleben wir eine zunehmende Verkürzung der Diskussion auf rein quantitative Kriterien. Viele fragen nur noch, wie viele Pflegebedürftige zu erwarten sind und wie viele Pflegekräfte benötigt werden, um diesen Bedarf zu decken. Natürlich sind das für sich genommen wichtige Fragen. Aber wenn Pflege menschlich sein und bleiben soll - dann reicht das nicht. Dann geht es eben nicht nur darum, die Zahl der Pflegefachkräfte zu erhöhen. Das sprichwörtliche „satt und sauber“ darf uns nicht genügen. Für uns ist klar, dass eine menschenwürdige Pflege vor allem Zeit und Platz für Zwischenmenschlichkeit und Zuwendung braucht. Und genau darauf zielt unser Antrag.
Ich habe schon in früheren Debatten angedeutet, dass auch ich mit den Problemen in der Pflege, wie etwa der hohen Arbeitsbelastung, der viel zu geringen Wertschätzung oder der viel zu niedrigen Bezahlung, schon seit langer Zeit persönlich konfrontiert bin. Mitglieder meiner Familie, die in der Pflege tätig waren, haben unter genau diesen Problemen schon vor Jahren gelitten. Und dass so sehr, dass sie es letzten Endes nicht mehr ausgehalten und der Pflege den Rücken gekehrt haben. Ich denke, fast jeder hier kennt solche Beispiele. Und niemand will wohl ernsthaft bezweifeln, dass wir im Pflegebereich vor großen Herausforderungen stehen. Diese vielen Baustellen lassen sich nur leider nicht einfach von heute auf morgen abarbeiten.
So vielfältig wie die Herausforderungen im Pflegebereich sind, sind auch die Maßnahmen, die wir für eine Verbesserung der Situation brauchen. Übergeordnet gesehen, müssen die Arbeitsbedingungen endlich besser werden. Das heißt insbesondere ein besserer Personalschlüssel und weniger Dokumentation. Wichtig ist vor allem eine hochqualifizierte Ausbildung. Alle Erfahrungen zeigen, dass die Freude an der Arbeit im direkten Zusammenhang mit einer guten Ausbildung steht. Denn sie gibt einem die Sicherheit, die man für die Berufsausübung braucht. Dies gilt besonders in der Pflege, wo man eine hohe Verantwortung für das Wohl anderer trägt. Auch deshalb muss die Fort- und Weiterbildung von professionell Pflegenden mit den stetig steigenden Anforderungen Schritt halten. Und bei all dem darf eben auch der soziale Aspekt der Pflege nicht vernachlässigt werden. Wir müssen mehr Möglichkeiten schaffen, um Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bekommen. Alles Dinge, die seit Jahrzehnten bekannt und nur langfristig zu lösen sind.
Dementsprechend sind SSW, Grüne und SPD natürlich schon viele Probleme angegangen: Wir haben zum Beispiel die Akademisierung der Pflege durch den dualen Pflegestudiengang an der Universität Lübeck auf den Weg gebracht. Wir sind dabei, Pflegende durch weniger Dokumentationsaufgaben und den Abbau von Doppelstrukturen spürbar zu entlasten. Wie Sie wissen, wir derzeit ein entsprechendes Modellprojekt für eine vereinfachte Pflegeplanung und Pflegedokumentation landesweit eingeführt. Außerdem haben wir die durch das Land geförderten Ausbildungsplätze in der Altenpflege in den letzten zwei Jahren von 1200 auf 1600 gesteigert. Hiermit und mit der geplanten zusätzlichen Aufstockung der Schulplätze sind wir nach meiner Meinung auf einem guten Weg in Richtung kostenloser Pflegeausbildung für alle.
Wenn wir ehrlich sind, dann werden all diese Maßnahmen im Land aber noch nicht ausreichen. Auch die Bundesebene muss sich bewegen und durch eine verbindliche Personalbemessung und durch die längst überfällige Einführung eines neuen, differenzierteren Pflegebedürftigkeitsbegriffs weitere Verbesserungen ermöglichen. Genau das wollen wir mit unserem Antrag erreichen. So können wir verhindern, dass die Überlastung der Pflegefachkräfte zum Dauerzustand wird. Und nur so können wir sicherstellen, dass die Zeit für eine qualitativ hochwertige Pflege im Sinne der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen möglich ist und möglich bleibt.