Rede · 05.07.2018 Hier können wir wirklich etwas zur Integration beitragen

Lars Harms zu TOP 26 - Landesaufnahmeprogramm kommt

„Das Landesaufnahmeprogramm sollte möglichst offen ausgestaltet sein und vor allem schnell kommen.“

Ich freue mich über diesen Antrag, der ja auch eine Reaktion auf die von uns gestellte kleine Anfrage zum Thema ist. Hoffentlich kommt das Landesaufnahmeprogramm dann nun endlich. Denn man fragt sich doch, warum so etwas Wichtiges, das im Koalitionsvertrag ja nun schon seit einem Jahr vereinbart war und tatsächlich gar nicht mal so viele Menschen betrifft, so lange dauert, bis es auf den Weg gebracht wird.  

Während wir uns ablenken lassen von rechten Parolen aus Bayern und Berlin, laufen wir Gefahr, dass der Fokus der Debatte nicht darauf liegt, was sich tatsächlich immer noch auf dem Mittelmeer abspielt. Menschen versuchen sich auf nicht seetüchtigen Schlauchbooten nach Europa zu retten. Und das unter Einsatz ihres Lebens!

Wie dramatisch die Lage im Akutfall ist, haben wir ja alle zuletzt am Beispiel der Lifeline mitverfolgen können. Italien, Malta und Spanien hatten es abgelehnt, das Schiff in ihre Häfen einfahren zu lassen und das obwohl die Lage an Bord immer brenzliger wurde. Tagelang wurde das Schiff auf dem Mittelmeer blockiert. 

Jetzt ist es so, dass das Schiff im Hafen von Malta festgehalten wird, während die maltesische Polizei bei Gericht die Beschlagnahmung des Rettungsschiffs "Lifeline" beantragt hat und deren Kapitän vor Gericht geladen wird. Die „Lifeline“ wird von der Polizei als Tatwerkzeug behandelt und darf den maltesischen Hafen seit dem 27.06., als sie dort ankam, mit rund 230 Menschen, die die Besatzung vor dem Ertrinken gerettet hat, nicht verlassen. 

Der Kapitän muss sich allen Ernstes dafür rechtfertigen, Leben gerettet zu haben. 

Die Rechnung ist einfach: je mehr Rettungsschiffe auf dem Wasser sind, desto weniger Tote gibt es. Seit die Schiffe festgesetzt sind, sind wieder mehr als 200 Menschen ertrunken. Egal welche Aufnahmeregelungen im Einzelnen in Europa getroffen werden, die Rettung der Menschen muss absoluten Vorrang haben. 

Deswegen fand ich das Vorhaben Schleswig-Holsteins, hier direkte Hilfe zuzusagen und zur Aufnahme Geflüchteter dieses Schiffes bereit zu sein, gut. Aber da hat ja das Bundesinnenministerium den Riegel vorgeschoben. 

Die betroffenen Personengruppen bei den besonders Schutzbedürftigen ist ja schon von der EU vorgegeben. Schwangere, unbegleitete Minderjährige, Menschen mit Behinderung oder mit schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen, Opfer des Menschenhandels, Menschen die gefoltert worden sind, beispielsweise. 

Ich werde immer wieder von Menschen aus der Flüchtlingshilfe darauf hingewiesen, dass auch Geflüchtete, die hier eigentlich gut integriert sind, irgendwann verzweifeln, weil sie ihre Familienmitglieder nicht nachholen können. Und wer versteht das nicht. 

Wenn nun 500 Menschen zusätzlich zu den sonstigen Aufnahmeverpflichtungen des Landes nach Quote aufgenommen werden, wünschen wir vom SSW uns, besonders Familienzusammenführungen zu berücksichtigen.  

Damit meinen wir auch die Angehörigen subsidiär Geschützter, denn das Kontingent, das ab August für diese Personengruppe vorgesehen ist, reicht bei weitem nicht aus. Hier können wir wirklich etwas zur Integration beitragen, in dem wir die Familienangehörigen von zu uns geflüchteten Menschen hierherholen. Da gibt es manchmal ganz simple Problemstellungen, die schier unüberwindlich scheinen, aber mit ein bisschen Pragmatismus im Rahmen eines solchen Sonderprogramms gelöst werden können. Da gibt es die Familien mit minderjährigen und volljährigen Kindern. Die Volljährigen dürfen dann nicht nach Deutschland – was für ein Unsinn. Solche Fälle schweben uns vor, wenn es darum geht, hier schnell zu helfen. Denn auch besonders gut integrierte Menschen, die hier beispielsweise schon in Ausbildung, Studium oder Arbeit sind, verlässt der Mut, wenn sie ohne ihre Familien bleiben. Und niemandem ist geholfen, wenn die Sorgen und die Angst um die Familie dazu führen, dass sie irgendwann in andere Länder gehen. 

Deshalb sollte das Landesaufnahmeprogramm möglichst offen ausgestaltet sein und vor allem schnell kommen. Die Menschen wollen nämlich nicht ewig auf ihre Familienmitglieder warten.

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