Rede · 14.12.2018 Interreg ist ein wichtiger Faktor in der Zusammenarbeit über die Grenze hinweg

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 41 - Grenzüberschreitende Zusammenarbeit erhalten (Drs. 19/1013)

„Die Minderheiten reichen sich über nationale Grenzen hinweg die Hand und animieren die Mehrheit, es ihnen gleich zu tun.“

(Nr. 274-2018) Die Ostseekooperation führt Menschen, Vereine und Behörde rund um die Ostsee zusammen. Die Konferenzsprache ist dabei in der Regel Englisch. In der deutsch-dänischen Zusammenarbeit sprechen wir dagegen wie uns der Schnabel gewachsen ist: Deutsch und Dänisch. Ich persönlich finde das sehr angenehm, und bemerke, wie Sprache Brücken baut. Diese Funktion hat natürlich auch etwas mit den Minderheiten auf beiden Seiten der Grenze zu tun. Und damit sind wir bei den Besonderheiten unseres Grenzlandes. Die Minderheiten reichen sich über nationale Grenzen hinweg die Hand und animieren die Mehrheit, es ihnen gleich zu tun.
Diese Besonderheit spielt aber offenbar in den Köpfen der EU-Bürokraten keine Rolle. Sie erklärten, dass die neue Förderperiode ohne das deutsch-dänische Grenzland vonstattengehen soll.  
Ich halte das für grundfalsch. Ich will ihnen vier Gründe geben, warum:
Erstens, die Förderung hat sehr viele Menschen auf den Geschmack gebracht, sich mit den Gegebenheiten auf der anderen Seite der Grenze zu beschäftigten. Die Mikroprojekte der Region Sønderjylland-Schleswig haben mit niedrigschwelligen Angeboten Menschen zusammengeführt, die ohne Prof. ABC oder den Musiktag in Tondern nicht auf die Idee gekommen waren, sich darauf einzulassen. Das ist doch der Kern der Zusammenarbeit: ganz normale Menschen zusammenzubringen; gerne auch in der Freizeit. Politikerinnen und Politiker oder Funktionäre kommen schon von Amtswegen zusammen, aber Nachbarn muss man erstmal in Gang bringen. Vorbehalte verhindern nämlich oftmals den Weg über die Grenze. Darum muss man entsprechende Angebote machen. Und genau das passiert mit Interreg. Ich empfehle daher einen Blick in die Rechenschaftsberichte der Angebote. Dort finden sich beeindruckende Zahlen, die die enorme Reichweite der Projekte belegen.
Zweitens, Interreg-Projekte sind oftmals nur die Initialzündung eines längeren Prozesses. Bei HealthCat beispielsweise geht es um die Entlastung von Pflegetätigkeiten durch Roboter. Kann eine Vorrichtung den Patienten oder die Patientin beim Toilettengang im Krankenhaus unterstützen? Wenn ja, wie genau? Die beteiligten Universitäten in Kiel und Odense schaffen sich zunächst einen Überblick über die Notwendigkeit der Unterstützung, entwickeln Einsatzmöglichkeiten und werden vielleicht in zehn oder fünfzehn Jahren einen entsprechenden Roboter präsentieren können. Interreg schiebt die entsprechende Forschung an. Auf diese Weise werden Kompetenzen gebündelt und das Rad muss im wahrsten Sinnen des Wortes nicht zweimal erfunden werden. Deutsche und dänische Wissenschaftler arbeiten zusammen. Das Projekt verfestigt das Netzwerk unterschiedlicher Akteure , das dann die Entwicklung entsprechender Roboter ermöglichen soll. 
Drittens. Interreg-Projekte schaffen Ressourcen. Das deutsch-dänische Grenzland ist nicht gerade mit Ressourcen gesegnet. Viele kluge Köpfe haben aber in den Hochschulen und darüber hinaus, dieses Defizit nahezu ausgeglichen. Auch mit Hilfe von Interreg-Projekten, die die Forschungslandschaft mit interessanten Projekten bereichert. Nicht zuletzt gehen viele akademische Arbeitsplätze auf eine Interrreg-Projekt zurück. Diese Entwicklung der Forschungslandschaft hat sich in der fünften Förderperiode zu einem Standortvorteil des Grenzlandes gemausert.
Viertens. Interreg hat eine enorme Strahlkraft. Die Projekte wirken über die eigentliche Projektregion hinaus. Auch in Kiel oder Neumünster profitiert man von den Netzwerken des Grenzlandes. Angesichts der Fortschritte bei der festen Fehmarnbeltquerung ist das nötiger denn je. Das Projekt Undine will beispielweise  in Kooperation unter anderem mit der CAU in Kiel und dem Geocenter Møns Klint die Unterwasserwelt der Ostsee für Urlauber erlebbar machen. Dabei ist auch die Lübecker Bucht mit eingebunden, denn die Erweiterung einen derartigen touristischen Angebotes ist auch dort hoch willkommen.
Zusammenfassend ist klar: Interreg ist kein Luxus, sondern ein wichtiger Faktor in der Zusammenarbeit über die Grenze hinweg.
Aus den genannten Gründen bitte ich die Landesregierung dringend, sich für den Fortbestand einzusetzen. 

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