Rede · 27.05.2011 Keine Bundesratszustimmung zum CCS-Gesetzentwurf der Bundesregierung

Herr Carstensen, es tut mir leid, aber was sie Berlin erreicht haben, war wohl nix. Es hat nur den Anschein, dass nach langem Gezerre, vielen Diskussionen und Überzeugungsarbeit es der Landesregierung gelungen ist, sich Gehör in Berlin zu verschaffen, um die Länderklausel im Entwurf des CCS-Gesetzes unterzubringen. Was uns heute als Vetorecht verkauft wird, ist nur weiße Salbe.
Wie viel Herzblut sie für die Sache hatten, wird deutlich, wenn wir den Verlauf der Debatte über die CO2-Einlagerung betrachten. Erst auf massiven Druck aus Bevölkerung und von Vertretern aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Verbänden und Organisationen hat es die Landesregierung übers Herz gebracht, Schleswig-Holsteinische Interessen zu vertreten.
Ich kann mir dabei durchaus vorstellen, dass es nicht einfach war, in Berlin und gegenüber den anderen Bundesländern verständlich zu machen, warum wir nicht wollen, dass das CO2 bei uns in den Untergrund verpresst wird. Und ebenso schwer ist es sicherlich gewesen, eine entsprechende Lösung – in Form einer Länderklausel – herbei zu führen. Das wird von uns nicht angezweifelt.

Nach Veröffentlichung des Entwurfes, wurde dann aber schnell deutlich, dass das, was dort drin steht, für Schleswig-Holstein nicht ausreicht. Zwar wurde eine so genannte Länderklausel im Entwurf aufgenommen, aber das Verpressen unter der Nordsee außerhalb der 12-Meilen-Zone kann nicht verhindert werden. Aufgrund der Ausbreitung von CO2 im Untergrund wäre neben den Inseln auch das Festland betroffen. Durch die „kalte Küche“ Nordsee wird der Dreck unter unsere Füße gepresst. Damit wird jede Länderklausel ad absurdum geführt.

Herr Carstensen, hat sich mehrmals dafür feiern lassen, dass eine Länderklausel nun im Entwurf drin ist. Wer aber die Debatte zur ersten Lesung im Bundestag verfolgt hat, stellt fest, dass die Länderklausel von mehreren Fraktionen – unter anderem von der FDP – sehr kritisch gesehen wird. Das parlamentarische Verfahren hat nun erst richtig begonnen. Aber sicher verankert ist die Länderklausel im Gesetz noch nicht.
Besonders deutlich geht dies aus dem Redebeitrag von Herrn Kauch von der FDP-Bundestagsfraktion hervor. „So wie diese Länder in einigen Fragen zu Recht die Solidarität des Bundes einfordern, so erwarte ich auch, dass sie die Verpflichtung zur Solidarität mit der Bundespolitik ernst nehmen, wenn sie selbst gefordert sind.“ Mit anderen Worten: Wenn wir etwas vom Bund bekommen, kann der Bund uns im Gegenzug zur Müllkippe der Nation machen. Die wirtschaftlichen Interessen würden vor alle anderen Interessen gestellt. Wer solche Äußerungen tätigt, hat den Föderalismus nicht verstanden. Damit spricht er den Ländern jegliche Kompetenz ab und stellt geologische Voraussetzungen über den Willen der Bevölkerung. Aber auf dem Untergrund, über den wir sprechen, leben Menschen. Es macht vor allem deutlich, die Länderklausel ist noch nicht gesichert.
Auch im Bundesrat wird der Gesetzentwurf es schwer haben, weil Brandenburg bereits angekündigt hat, dem Gesetzentwurf aufgrund der Länderklausel nicht zuzustimmen.

Doch selbst wenn die Länderklausel in der vorliegenden Fassung durchkommt, stellt sich die Frage, welchen Wert sie hat. Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages kommt zu dem Ergebnis, dass es den Ländern nicht möglich sein wird, ihr komplettes Territorium von der Verpressung auszunehmen. Stattdessen muss für jeden in Frage kommenden Standort gerichtsfest festgestellt werden, warum eine Endlagerung für das jeweilige Gebiet nicht möglich ist. Das hat nichts damit zu tun, dass gegen den Willen der Menschen keine CO2-Enlagerung stattfinden darf. Vielmehr kann sich hier jedes Unternehmen weiterhin eine CO2-Endlagerstätte erklagen.
Ich fasse zusammen: Die Ausbreitung von CO2 in der Nordsee würde bis in das Schleswig-Holsteinische Territorium ragen. Die Länderklausel ist noch nicht im Gesetz abgesichert und selbst wenn, müssen gerichtsfeste Gutachten belegen, dass die Speicherung dort unmöglich ist.
Ich stelle fest: Selbst wenn die Länderklausel kommen sollte, ist sie keine Option für Schleswig-Holstein, denn sie gibt uns in keinster Weise Sicherheit. Die Landesregierung wurde in Berlin über den Tisch gezogen und Herr Carstensen hat die dabei entstehende Reibungswärme mit Nestwärme verwechselt.
Das lässt nur einen Schluss zu: Wir fordern die Landesregierung auf, sich im Bund dafür einzusetzen, dass mindestens eine Länderklausel kommt, die ihren Namen auch verdient. Nämlich eine, die ohne Wenn und Aber ermöglicht, die CO2-Endlagerung in Schleswig-Holstein auszuschließen. Aber am besten wäre es, wenn dieser Unsinn per Gesetz in ganz Deutschland verboten würde.

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