Rede · 30.05.2008 Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Landesteil Schleswig


Vor einigen Wochen lautete die Überschrift in einer dänischen Tageszeitung „Danfoss lehnt Fehmarnbelt-Brücke“ ab. Nun lag dies gewiss nicht daran, dass der allseits bekannte Danfoss-Chef Clausen ein großer Gegner von Verkehrsprojekten ist oder gar ökologische Gründe für seine Gegnerschaft anführt. Nein, er fürchtete vielmehr, dass sein Unternehmen, das ja seinen Hauptsitz im dänischen Nordborg nur wenige Kilometer nördlich von der Grenze hat, verkehrsmäßig abgehängt wird, wenn sich sowohl Deutschland und Dänemark zu sehr auf die Fehmarnbelt-Querung fokussieren.

Denn, ob man nur für oder gegen eine Fehmarnbelt-Querung ist, muss man ganz nüchtern feststellen, dass wir gerade in Süddänemark und im Landesteil Schleswig einen großen Nachholbedarf haben, wenn es um die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur geht. Dabei geht das dänische Institut für Transportstudien in Pattburg in einem Gutachten davon aus, dass sich alleine das Transportaufkommen Dänemarks bis 2025 auf etwa 120 Millionen Tonnen verdoppelt. Dies ist ein dramatischer Verkehrsanstieg, der etwas darüber aussagt, vor welchen Herausforderungen wir beim Thema Infrastruktur stehen.
Denn der weitaus größte Teil dieses Anstieges wird nach Angaben des Instituts über die Jütlandroute abgewickelt werden – auch wenn die Fehmarnbelt-Querung kommen sollte. Denn diese Nord-Süd-Achse ist immer noch für dänische Unternehmen das Tor zu Europa und für deutsche das Tor zu Skandinavien. Da ist nur zu verständlich, dass die Wirtschaft im deutsch-dänischen Grenzgebiet – denn auf deutschen Seite denkt die IHK zu Flensburg ja ähnlich wie Herr Clausen – darauf drängt, dass der Norden nicht abgehängt wird. Dies wurde ja auch auf der gemeinsamen deutsch-dänischen Verkehrskonferenz am Montag in Pattburg sehr deutlich.

Auch die Region Sønderjylland- Schleswig sieht das Thema Verkehrsinfrastruktur als von enormer Bedeutung für die gemeinsame deutsch-dänische Wirtschaftsregion an. Wenn unsere Unternehmen weiter wettbewerbsfähig sein sollen und wenn die Touristen den Weg in die nördliche Region finden sollen, dann muss der Norden besser an die europäischen Verkehrsnetze angebunden werden. Dabei fühlt man sich in der Grenzregion von den Hauptstädten in Berlin und Kopenhagen nicht genug beachtet, wenn es um den Ausbau unserer Verkehrsinfrastruktur geht.

Das ist auch der Hintergrund, dass der SSW seinen heutigen Antrag zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Landesteil Schleswig gestellt hat. Die Landesregierung darf vor lauter Begeisterung über das Jahrhundertprojekt Fehmarnbelt-Querung den nördlichen Landesteil nicht vergessen. Konkret darf die Finanzierung der entsprechenden Hinterlandanbindungen auf deutscher Seite durch den Bund und das Land nicht dazu führen, dass die für den Landesteil Schleswig dringend notwendig verkehrlichen Infrastrukturmaßnahmen weiter verzögert werden.
Wir haben uns in unseren Vorschlägen an entsprechende gleich lautende Anträge der Stadt Flensburg und der Kreistage Flensburg-Schleswig und Nordfriesland orientiert. Die gesamte Region spricht also hier mit einer Stimme.

Wir werden also in naher Zukunft auf beiden Seiten der Grenze Kapazitätsprobleme sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene bekommen. So ist zum Beispiel die E45 von Kolding bis zur Grenze nur zweispurig. Das gleiche gilt ja auch für die A7 bis zur Grenze, obwohl im Raum Neumünster jetzt bald der dreispurige Ausbau beginnt. Der SSW will, dass die gesamte Autobahnstrecke von Kolding bis Hamburg dreispurig wird. Auch beim Schienenverkehr zwischen Kolding und Neumünster gibt es auf beiden Seiten der Grenze Nadelöhrsprobleme. In Sønderjylland gibt es teilweise nur eine einspurige Schienentrasse und auf deutscher Seite haben wir das ewige Nadelöhrproblem bei der Rendsburger Hochbrücke, das endlich nachhaltig gelöst werden muss. Wir meinen, man muss jetzt Nägel mit Köpfen machen und untersuchen, ob es nicht möglich ist, einen Eisenbahntunnel unter den Nord-Ostsee-Kanal zu bauen.

Aber auch die A20 mit der westlichen Elbquerung muss endlich in Angriff genommen werden. Uns reicht es nicht aus, dass diese erst in 2015 fertig sein soll. Am Anfang dieser Wahlperiode sprach man noch von 2012. Wieder sind also drei Jahre verloren gegangen bei diesem für die Westküste so wichtigen Projekt. Auch der Ausbau der B5, die Modernisierung der Bahnstrecke Hamburg-Westerland sowie der Ausbau der Bahnstrecke Niebüll-Tønder-Esbjerg mit dem Ziel umsteigefreier Verbindungen sind für die Verbesserung der Infrastruktur an der Westküste äußerst wichtig.

Ich könnte noch viele andere Projekte aus unserem Antrag und darüber hinaus hier nennen. Es gibt genug sinnvolle und notwendige Verkehrsprojekte im nördlichen Landesteil, aber das führt heute doch etwas zu weit. Wichtig ist dem SSW aber das politische Signal, dass der Landtag und die Landesregierung endlich auch die Verkehrsinfrastruktur des Grenzgebietes im Auge haben und sich dabei in Berlin und Kopenhagen für diese Anliegen einsetzen.

Dabei ist es natürlich ein hoffnungsvolles Zeichen, dass die Landesregierung und die Region Süddänemark ein gemeinsames Papier unterschrieben haben, wo sie die gemeinsam als wichtig betrachteten Verkehrsprojekte auf beiden Seiten der Grenze erwähnen. Das ist ein erster Schritt, um in dieser wichtigen Frage voranzukommen und natürlich ist es auch wichtig, die Maßnahmen zu koordinieren. Wenn zum Beispiel Dänemark die E45 und die Schienenverbindung Kolding-Pattburg ausbaut, nutzt es wenig, wenn auf deutscher Seite nichts dem entsprechendes passiert.

Aber machen wir uns nichts vor: Es wird nicht einfach werden, die letztlich entscheidenden Verantwortlichen in den Regierungen der beiden Hauptstädte zu überzeugen. In Dänemark gibt es zumindest eine Infrastrukturverkehrskommission, die bald mit konkreten Vorschlägen kommen soll. Auf deutscher Seite haben wir aber das Problem, dass der Bundeswegeverkehrsplan schon heute unterfinanziert ist. Wir haben daher immer noch die Befürchtung, dass Berlin uns sagen wird: Wenn ihr die Hinterlandanbindung zur Fehmarnbelt-Querung finanziert bekommt, dann müsst ihr mit den anderen Projekten warten.

Der SSW wird daher weiter darauf drängen die für unsere Region wichtigen Projekte voranzubringen. Der gemeinsame Antrag von CDU und SPD geht uns nicht weit genug und wir halten deshalb an unserem Ursprungsantrag fest, zumal dieser auch konkret die notwendigen grenzüberschreitenden Projekte benennt. Wir bitten um alternative Abstimmung der beiden vorliegenden Anträge.

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