Rede · 08.11.2018 Verlässliche und dauerhafte Unterstützung für Obdachlose

Flemming Meyer zu TOP 28 - Jetzt Winternotprogramm für Obdachlose auf den Weg bringen!

„Hilfsangebote nach Jahreszeit oder Kassenlage bringen uns nicht weiter“

Es ist schon an verschiedenen Stellen erwähnt worden, dass wir keine wirklich belastbaren Zahlen zur Obdachlosigkeit haben. Was aber eindeutig belegt ist, ist die Tatsache, dass Deutschland zu den erfolgreichsten Industrienationen der Welt gehört. Das Brutto­inlandsprodukt liegt bei weit über 3 Billionen Euro. Und es ist im vergangenen Jahr um weitere 1,9 Prozent gestiegen. Der Reichtum wächst. Auch bei uns in Schleswig-Holstein. Gleichzeitig fehlt aber immer mehr Menschen das Geld für die grundlegendsten Dinge - wie zum Beispiel regelmäßige Mahlzeiten oder ein Dach über dem Kopf. Ich persönlich halte diese Entwicklung einfach nur für traurig und beschämend. 

Aus Sicht des SSW ist Obdachlosigkeit schlicht nicht hinnehmbar. Für uns ist klar, dass wir dieses Problem weiter bekämpfen müssen. Dazu zählt auch, dass wir die Hilfen für Wohnungslose und für Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind, weiter stärken. Es ist gut und richtig, dass die Jamaika-Koalition die Zuschüsse für die Beratungsstellen der Wohnungslosen und Straffälligenhilfe aufstockt. Und das sogar fast in der Höhe, in der wir es schon für den letzten Landeshaushalt gefordert haben. Doch in der Tendenz steigen nicht nur die Beratungskontakte und die Zahl der Hilfesuchenden. Auch der Bedarf an Baumaßnahmen und Neubauten von Notunterkünften wächst. Dem SSW ist wichtig, dass wir auch an diesem Punkt nachbessern. Und deshalb werden wir auch in diesem Jahr wieder entsprechende Haushaltsanträge stellen. 

Grundsätzliches Ziel unserer Sozialpolitik muss doch sein, vor allem jene Menschen zu unterstützen, die unsere Hilfe am dringendsten brauchen. Wir müssen ihnen Angebote machen, die sie in ihrer Lebenswirklichkeit erreichen. Unsere sozialpolitischen Maßnahmen müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Betroffene wieder ein sinnerfülltes Leben in Würde führen können. Natürlich spielt hier die Präventionsarbeit eine herausragende Rolle. Aber mit Blick auf all die Menschen, die leider kein Dach mehr über dem Kopf haben, ist es unheimlich wichtig, dass sie so schnell wie möglich eine Wohnung bekommen. Nur so können wir sie in die Gesellschaft integrieren. Das schaffen wir ganz sicher nicht, indem wir ihnen im Winter einen Container hinstellen und ihnen erlauben, hier mit ihrem Hund einzuziehen. 

Wie im gesamten Sozialbereich, brauchen auch Obdachlose verlässliche und dauerhafte Unterstützung. Hilfsangebote nach Jahreszeit oder nach Kassenlage bringen uns doch nicht weiter. Gerade wohnungslose Menschen werden oft in verschiedenen Lebensbereichen ausgegrenzt. In Zeiten, in denen Wohnraum knapp ist, haben sie kaum Chancen, eine Wohnung zu finden. Damit bleibt Ihnen in aller Regel der Zugang zum Arbeitsmarkt versperrt. Auch die Gesundheitsversorgung ist für viele Obdachlose nicht mehr bezahlbar. Und wer erstmal ganz ohne Unterkunft auf der Straße lebt, muss nicht nur verbale sondern oft sogar körperliche Gewalt und Diskriminierung fürchten. Eine Wohnung ist für diese Menschen von zentraler Bedeutung, wenn sie diesen Teufelskreis durchbrechen wollen.

Wir dürfen uns in dieser Frage nicht in die Tasche lügen: Wenn wir dauerhaft verhindern wollen, dass Menschen auf der Straße leben, brauchen wir umfassende Veränderungen in der Wohnungs- und Sozialpolitik. Es fehlt nun mal an sozialem und bezahlbarem Wohnraum. Im Vergleich zu 2002 gibt es über eine Million Sozialwohnungen weniger. Noch dazu fehlen Millionen von Klein- und Kleinstwohnungen. Hier müssen wir auch auf Landesebene noch deutlich mehr tun. Auf der anderen Seite werden aber auch die Armutsrisiken nicht wirkungsvoll genug bekämpft. Stattdessen nehmen atypische und prekäre Beschäftigung sogar noch weiter zu. Und viele Sozialleistungen sind schlicht und einfach zu gering, um vor Armut zu schützen. Es reicht also längst nicht, an Symptomen herumzudoktern oder nur populistische Forderungen aufzustellen. Wir brauchen tiefgreifende Reformen. Und Bund und Land müssen für diese wichtige Aufgabe mehr Geld in die Hand nehmen, als bisher. 

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