Rede · 17.05.2019 Voraussetzung müssen Demokratie und Menschenrechte sein

Alles was zwischen „alles kann raus“ und „Rüstungsexporte für niemanden“ liegt, muss man wahrscheinlich im Einzelfall abwägen. Und da macht es insbesondere Sinn, unsere Wertvorstellungen von Demokratie und Menschenrechten zur Grundlage zu machen.

Lars Harms zu TOP 27 - Klare Regeln für Rüstungsexporte (Drs. 19/1458)

Grundsätzlich zielt der SPD-Antrag natürlich in die richtige Richtung. Allerdings stellt sich schon die Frage, was der Anlass für den Antrag sein könnte. Da ja die Landesregierung aufgefordert werden soll, sich auf Bundesebene für eine verlässliche, wertegeleitete und restriktive Rüstungsexportpolitik einzusetzen, gehe ich davon aus, dass die SPD hier im Landtag der Auffassung ist, dass dies derzeit im vollen Umfang nicht gegeben ist. Das heißt, dass die Bundestagsmehrheit aus CDU und SPD zumindest in Teilen nicht diesen Vorstellungen folgt und es deshalb eines korrigierenden Eingreifens der Landesregierung bedarf. Das nehme ich dann einmal so hin!
Im Antrag ist dann noch der gemeinsame Standpunkt der EU zur Ausfuhr von Rüstungsgütern genannt, der natürlich eingehalten werden soll. Da dies Grundlage der Politik der letzten Bundesregierungen war, sehe ich diesen Punkt eigentlich als erfüllt an. Trotzdem kann man ja so etwas nochmal bestätigen – schaden tut das ja nicht.
Die eigentliche Neuerung und politische Forderung findet sich aber im letzten Satz des ersten Absatzes. Dieser heißt: „Rüstungsexporte in Krisengebiete und Diktaturen sind auszuschließen.“ Ja, im Grundsatz sind wir da natürlich einverstanden. Und das wird uns wohl allen so gehen. Dass aus strategischen Erwägungen heraus Länder wie Saudi-Arabien von uns mit Rüstungstechnik ausgestattet wurden, ist nur schwer erträglich, um es einmal freundlich zu formulieren.
Aber während wir beim Ausschluss von Diktaturen vielleicht noch weitgehend einig sein können, wird es bei den Krisengebieten schon etwas schwieriger. Der Nahe Osten ist definitiv in Gänze ein Krisengebiet. In dieses Gebiet liefern auch wir Waffen – nämlich nach Israel. Das wäre nach dem Text des Antrages in Zukunft nicht möglich. Wollen wir das wirklich? Israel ist die einzige funktionierende Demokratie in der Region, für die wir immer noch eine gewisse Verantwortung empfinden sollten. Aus Schleswig-Holstein wurden vor einiger Zeit U-Boote nach Israel geliefert. Ich glaube, zu Recht.
Wie sieht es mit den kurdischen Kämpfern aus, die wir mit Waffen zum Kampf gegen den IS ausgestattet haben und die sich nun mit den Waffen gegen die türkische Aggression wehren. Diese Kämpfer befinden sich in Syrien und im Irak eindeutig in einem Krisengebiet. Wollen wir sie wirklich nicht mehr unterstützen?
Und wie sieht es mit der USA aus? Die USA selber befindet sich natürlich nicht in einem Krisengebiet, aber ihre Soldaten schickt die USA ständig in irgendwelche Krisengebiete und damit kommen natürlich auch die Waffen in Krisengebiete, ohne dass wir wissen, wofür sie verwendet werden. Muss man dann nicht auch Waffenlieferungen an die USA verbieten?
Und dann ist da ja noch die Türkei. Unser NATO-Bündnispartner bekämpft mit deutschen Waffen ihre eigenen kurdischen Bürger. Formal war die Türkei vor einigen Jahren auf dem Weg zu einer echten Demokratie und man dachte schon über eine EU-Mitgliedschaft nach. Nun entwickelt sich die Türkei immer mehr hin zu einer Diktatur, mit der wir aber verbündet sind. Wie sollen wir uns da verhalten?
Sie sehen schon, die Fragestellungen zu Rüstungsexporten sind wesentlich komplizierter, als dass man es in wenige Worte einer Resolution hier im Landtag fassen kann. Alles was zwischen „alles kann raus“ und „Rüstungsexporte für niemanden“ liegt, muss man wahrscheinlich im Einzelfall abwägen. Und da macht es insbesondere Sinn, unsere Wertvorstellungen von Demokratie und Menschenrechten zur Grundlage zu machen. Das geschieht, auch nach unserer Auffassung, nicht immer. Selbst die Kontrollgremien im Bundestag und in der Bundesregierung sind da nicht unfehlbar. Der Antrag spricht einem natürlich grundsätzlich aus dem Herzen, aber ich glaube es ist klug, den Antrag im Ausschuss noch einmal intensiv zu beraten.

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