Rede · 28.09.2018 Wir wollen flächendeckend niedrigschwellige Angebote für Kinder und Familien
Jette Waldinger-Thiering zu TOP 28 - Familienbildungsstätten in Schleswig-Holstein stärken
„Auch die Präventivarbeit der Familienbildungsstätten muss weiter gestärkt werden“
Zum Glück sind wir uns zumindest grob darüber einig, dass unsere Familienbildungsstätten wertvolle Arbeit leisten. Fakt ist, dass von ihren Beratungs- und Kursangeboten viele junge Familien profitieren. Gerade wenn es um die frühkindliche kognitive Entwicklung geht, ist diese Arbeit natürlich von unschätzbarem Wert. Für den SSW ist damit völlig klar, dass die Familienbildungsstätten weiterhin und vor allem auch stärker unterstützt werden müssen. Nicht zuletzt durch Landesmittel. Und zwar nicht aus Jux und Dollerei oder weil die Landeskasse klingelt, sondern ganz einfach weil die Nachfrage nach den Angeboten der Familienbildung ungebrochen ist.
Laut Diakonie haben wir bei uns in Schleswig-Holstein über 30 Familienbildungsstätten mit 120 Anlaufstellen. Ihre Angebote richten sich vor allem an Eltern von Kindern im ersten und zweiten Lebensjahr. Sie stehen aber auch Familien mit älteren Kindern offen. In Kursen, Seminaren und Vortragsreihen geht es unter anderem um Erziehungs- und Beziehungsfragen, um das familiäre Zusammenleben, um gewaltfreie Erziehung, Ernährung, Erste Hilfe, Medienverhalten oder Krisenbewältigung. Außerdem bieten sie entwicklungsbegleitende Eltern-Kind-Angebote an, koordinieren Nachbarschaftshilfe und organisieren Elternfreizeiten und Treffpunkte.
Ich denke, man muss kein familienpolitischer Experte sein, um zu erkennen, wie wichtig diese Arbeit ist. Gerade in dieser frühen Phase der Kindheit werden wesentliche Grundlagen für das gesamte Leben gelegt. Noch dazu verändern sich die Familienstrukturen. Junge Eltern sind immer öfter auf sich allein gestellt und können längst nicht immer auf die Erfahrungen von Großeltern oder Geschwistern zurückgreifen. Familienbildungsstätten geben diesen Eltern Sicherheit im Umgang mit ihren Kindern. Und sie leisten zusätzlich noch wichtige Integrationsarbeit. Denn hier ist jeder und jede willkommen. Unabhängig von Religion, Herkunft oder Nationalität.
Wenn Sie mich fragen, dann ist uns diese Arbeit als Land nicht genug wert. Die Diakonie hat doch nicht ohne Grund einen Hilferuf an den zuständigen Minister gesendet. Mir ist bewusst, dass hier auch die kommunale Familie in der Pflicht ist. Aber das Land finanziert diese wichtige Arbeit in aller Regel nur über einen Sockelbetrag von etwas mehr als 7000 Euro pro Jahr und Bildungsstätte. Im Schnitt sind das rund 8 Prozent des Budgets einer Einrichtung. Insgesamt beläuft sich die Förderung auf rund 550.000 Euro jährlich. In vielen Fällen reicht das nicht. Denn bei den kommunalen Zuschüssen gibt es ganz erhebliche Schwankungen. In der Folge haben viele Einrichtungen keine Planungssicherheit oder sind schlicht in ihrer Existenz bedroht.
Auch der Verweis auf die Familienzentren, die ohne Frage wichtige Arbeit leisten, die sich in Teilen auch überschneidet, ändert nichts an unserer Haltung. Denn im Gegensatz zu Familienzentren, die laut Haushaltsentwurf deutlich stärker gefördert werden sollen, setzen die Angebote der Familienbildungsstätten schon viel früher an. Wesentlicher Schwerpunkt sind präventive Beratungs- und Kursangebote für junge Familien insbesondere für die Zeit vor der Geburt und das erste Lebensjahr des Kindes. Aber ich vermute mal, dass dieses Alleinstellungsmerkmal vielleicht gar nicht allen bewusst ist.
Ich will hier nicht missverstanden werden: Wir wollen ganz sicher keine Einrichtungen gegeneinander ausspielen. Was wir wollen, ist ein möglichst flächendeckendes Netz an niedrigschwelligen Angeboten für Kinder und Familien. Nach unserer Einschätzung wird diese Beratungs- und Betreuungsinfrastruktur gerade im ländlichen Raum immer wichtiger. Die Familienbildungsstätten spielen hier eine wichtige Rolle. Das muss auch so bleiben. Und weil uns nach dem heutigen Stand der Förderung auch der Präventionsaspekt zu kurz kommt, werden wir uns für eine Aufstockung für sie einsetzen. Denn eins ist klar: Das Versprechen von Jamaika, Schleswig-Holstein zum familienfreundlichsten Bundesland zu machen, lässt sich nun mal nicht um die Familienbildungsstätten herum einlösen.