Die Friesen im SSW

Erste eigene friesische nationale Bestrebungen sind Anfang des 19. Jahrhunderts nachweisbar. Allerdings hat sich aus diesen ersten Bestrebungen keine Nationalbewegung herausbilden können, wie zum Beispiel bei den Friesen in den Niederlanden. 

Die Friesen begannen in den 1920er Jahren mit der politischen Arbeit. Die Volksgruppe teilte sich zu dieser Zeit in die "Deutschgesinnten" und die sog. "nationalen Friesen".Die "deutschen Friesen" bezeichneten die Friesen als einen deutschen Stamm mit regionaler Identität, während die "nationalen Friesen" die Friesen vor allem aufgrund ihrer eigenen Sprache und Kultur als eigenes Volk und dementsprechend als nationale Minderheit in Deutschland verstanden, was vom deutschen Staat scharf bekämpft wurde. 

Die 1923 unter dem Namen "Friesisch-Schleswigscher Verein" (heute: Friisk Foriining) gegründete sprachlich-kulturelle Vereinigung der nationalen Friesen betrachtet seit jeher die friesische Sprache und Kultur als eine eigenständige und damit gleichberechtigte Größe im deutsch-dänischen Grenzland. Hauptanliegen des Vereins war und ist es, für den Erhalt und den Ausbau der friesischen Sprache und einer friesischen Identität zu arbeiten. 

Die nationalen Friesen traten zu den politischen Wahlen in der Weimarer Republik mit einer eigenen "Liste Friesland" an. Diese war jedoch auch regional nur eine Splitterpartei und bildete zeitweise gemeinsame Listen mit der dänischen Minderheit. Der Vorsitzende des Friesisch-Schleswigschen Vereins, Johannes Oldsen, wurde auf der Liste Friesland 1925 in den Kreistag von Südtondern gewählt, dem er bis 1933 angehörte. Er war der einzige Kreistagsabgeordnete, der sich nach 1933 gegen die Gleichschaltung und die damit verbundene Entmachtung des Kreistages wehrte. 

Die Liste Friesland trat Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre auch bei Reichstagswahlen in einem Listenverbund mit den anderen nationalen Minderheiten Deutschlands an. Einen eigenen Reichstagsabgeordneten konnten die Friesen allerdings nie stellen. 

Die Friisk Foriining intensivierte nach 1945 die Zusammenarbeit mit der dänischen Minderheit. 1948 gründeten Dänen und Friesen gemeinsam den Südschleswigschen Wählerverband (SSW), um politische Interessen gemeinsam zu vertreten. Nach 1945 traten dabei auch die nationalen Friesen zeitweilig für einen Anschluß Südschleswigs an Dänemark ein. Nicht, weil sie Dänen werden wollten, sondern weil sie glaubten, daß die friesische Kultur und das friesische Volkstum nur in der dänischen Demokratie überleben könnten. Man merkte aber schnell, dass der Wunsch nach Grenzrevision unrealistisch war und man sich auch weiterhin als Minderheiten in Deutschland wiederfinden würde. 

Die unverfälschte Bewahrung und die Stärkung der Belange der Heimat standen danach für die nationalen Friesen im Vordergrund für die Mitarbeit im SSW. Führende Vertreter der nationalen Friesen übten besonders in den ersten Jahrzehnten nach 1945 einen wichtigen Einfluß auf die Heimat-betonte Linie des SSW aus. Der erste SSW-Landesvorstand bestand zur Hälfte aus Friesen: neben Johannes Oldsen noch Carsten Boysen und Berthold Bahnsen. 

In den Folgejahrzehnten stand vor allem die Anerkennung der friesischen Minderheit, der Ausbau des friesischen Sprachunterrichts in Kindergärten und an Schulen, die gelebte Mehrsprachigkeit in Nordfriesland sowie auf der Insel Helgoland und die finanzielle Förderung der friesischen Bevölkerungsgruppe eine wichtige Rolle in der Politik des SSW. 

1988 wurde mit der Schaffung des Friesen-Gremiums der direkte Zugang zu den Beschluss fassenden Organen des Landtags hergestellt. Seit 2004 sichert das vom SSW eingebrachte Friisk-gesäts (Friesisch-Gesetz) die Rechte der Friesen im öffentlichen Raum und räumt ihnen das Recht ein, sich zur friesischen Volksgruppe frei zu bekennen. Außerdem gibt es seit 2005 beim Bundestag einen Kontaktausschuss für die Friesen. Derzeit ist der Friese Lars Harms einer von zwei SSW-Vertretern im schleswig-holsteinischen Landtag. 

Quellen: 

Kühl, Jørgen & Klatt, Martin (1999): SSW – Minderheiten- und Regionalpartei in Schleswig-Holstein, Flensburg, S. 36f

Steensen, Thomas (1986): Die friesische Bewegung in Nordfriesland im 19. und 20. Jahrhundert, Neumünster

Kööp, Karl-Peter (1992): Quellen und Materialien zur nordfriesischen Geschichte, Bräist/Bredstedt 

Homepage der Friisk Foriining: www.friiske.de