Rede · 10.09.2010 Auslandseinsätze der Bundeswehr

Man kann diskutieren, ob es die Aufgabe des Landtages ist, als Länderparlament zu diesen Fragen Stellung zu beziehen. Es gehört jedenfalls nicht zu den Aufgaben, zu denen wir gewählt worden sind. Die Kompetenz liegt beim Deutschen Bundestag, der in den letzten vier Monaten auch insgesamt sechs Debatten zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr geführt hat. Wenn wir diese Debatte nun auch im Landtag führen, dann geht nicht um Landespolitik, sondern allein um Parteipolitik. Fünf von sechs Parteien haben hier nur die Ansichten ihrer Bundespartei kundgetan. Die Folgen sind gleich null. Denn im Gegenteil zu den Kollegen des Bundestags tragen wir nicht die Verantwortung, eine Entscheidung treffen zu müssen, die letztlich dazu führen kann, dass weitere Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan ihr Leben lassen. Deshalb wird der Austausch der persönlichen Meinungen und Parteipositionen zum Afghanistaneinsatz in diesem Hause nie mehr sein können als „schön, dass wir uns mal darüber ausgetauscht haben“.

Man kann diskutieren, ob die deutsche Bundeswehr vor dem Hintergrund der Geschichte überhaupt im Ausland eingesetzt werden soll. Das ist ja eine Frage, die nicht an Parteigrenzen halt macht und quer durch Parteien verläuft, auch beim SSW. Was für uns vollkommen klar ist, ist dass Bundeswehreinsätze mit geopolitischen Ziel¬en niemals legitim sein können. Mit dieser Meinung stehen wir aber bei weitem nicht allein. In der Diskussion um die Äußerung Horst Köhlers ist längst schon alles Erforderliche gesagt und getan worden. Die Parteien haben deutlich gemacht, dass es für sie nicht akzeptabel ist, die Bundeswehr oder andere Armeen aufgrund von Handels- oder Rohstoffinteressen einzusetzen. Horst Köhler hat erklärt, dass er das ja auch nicht wollte und ist ja gerade wegen der klaren Kritik als Bundespräsident zurückgetreten.

Dieser Antrag ist von vorn bis hinten verkorkst. Selbst wenn wir hier heute der Bundestag wären, würden wir dem so nicht zustimmen. Der Antragsteller stochert oberflächlich in einem enorm komplexen Thema herum und benennt nicht einmal klar, welche Auslandseinsätze seiner Ansicht nach kein legitimes Mandat haben und grundgesetzwidrig sind. Stattdessen soll die Bundesregierung der Öffentlichkeit das mitteilen, was er denkt. Das ist absurd.

Was den zweiten Punkt dieses Antrags angeht, so kann ich nur sagen, dann mach doch! Wenn die Linke der Meinung ist, dass die Bundeswehr bewusst eingesetzt wird, um das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören – was ein wirklich ungeheurer Vorwurf ist –, dann soll sie dies beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vortragen. Ich werde mich auf jeden Fall hier und jetzt nicht zur Richterin aufschwingen und auf so zweifelhafter Grundlage der Bundes-regie¬rung und dem Bundestag unterstellen, sie würden das Grundgesetz nicht achten. Wir haben im Moment genug Hobbyverfassungsrichter in Schleswig-Holstein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken! Ich kann nicht verstehen, dass sie solche Anträge durchgehen lassen. Kämpfen sie mit offenem Visier und benennen sie Ross und Reiter. Ich teile nicht die Ansicht, dass die demokratische Auseinandersetzung über die Auslands-einsätze nicht offen genug stattfindet und dass es einer „Selbstanzeige“ der Bundesregierung bedarf, der ohne weitere Begründung unterstellt wird, sie würde im dunklen Kämmerlein jetzt schon geopolitischen Tagesordnungen folgen. Ein solcher Antrag, der ausschließlich auf nahezu verschwörungstheoretische Unterstellungen fußt, hat in einer offenen demokratischen Auseinandersetzung nichts zu tun.

Darüber ärgere ich mich wirklich, zumal wir alle in diesem Haus wissen, wie schwer sich die Abgeordneten des Bundestages tun – quer durch alle Fraktionen – wenn um Auslandseinsätze gerungen wird. Denn jedes Mal stoßen Staatsräson, ethische Überzeugung und politische Ideologie aufeinander. Deshalb hat keiner der Beteiligten verdient, dass derart oberflächlich, polemisch und unterstellend mit diesem Thema umgegangen wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte spart Euch so etwas für die Parteiarbeit auf. Für dieses Haus ist es eine Beleidigung.

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