Rede · 11.12.2008 Förderpolitik in der Tourismuswirtschaft

Nach unserer Auffassung war es richtig, durch ein Gutachten zu ermitteln, welche Kundengruppen für uns als Tourismusland besonders interessant sind. Natürlich wird jeder aus seinem eigenen Umfeld heraus auch andere regional oder örtlich interessante touristische Angebote kennen. Und wir alle haben natürlich auch immer das Bestreben in uns selbst hineinzuhorchen, um dann die eigenen Erwartungen an einen Urlaub in eine solche Strategie mit einbringen zu wollen. Das ist aber genau der Fehler, den wir früher gemacht haben. Es kommt nicht darauf an, ob wir selber einer gewissen Altersgruppe angehören, ob wir selber kulturell interessiert sind oder ob wir selber die Natur lieben. Und es kommt auch nicht darauf an, welches andere Freizeitverhalten wir präferieren. Vielmehr kommt es darauf an, was der potentielle Gast will und erwartet und wie wir möglichst viele Umsätze mit diesen Gästewünschen erreichen können. Der Tourismus ist ein genauso knallhartes Geschäft, wie jeder andere Wirtschaftszweig auch. Und deshalb müssen wir hier professionell handeln und unsere Kräfte und finanzielle Mittel bündeln.

Daher sind die Ergebnisse und die Schlussfolgerungen, die das Berger-Gutachten für unser Land zieht, richtig. Wir müssen uns um die Best-Ager, die anspruchsvollen Genießer und die Familien mit Kindern kümmern – das sind unsere Haupt-Zielgruppen. Das schließt andere Gruppen nicht aus. So fördert das Sozialministerium den Jugendtourismus und die Staatskanzlei hat innerhalb von 5 Jahren den Bereich „kulturelles Erbe“ mit 7,5 Mio. Euro gefördert, um hier auch den Tourismus zu stützen. Es geht bei der Konzentration der Mittel im Tourismus um die Mittel aus dem Wirtschaftsministerium. Und hier müssen Schwerpunkte gesetzt werden, weil wir nicht unendlich viel Geld zur Verfügung haben. In den vergangenen drei Jahren waren dies rund 7 Millionen Euro. Für einen Wirtschaftszweig von dem zirka 130.000 Arbeitsplätze abhängig sind, ist dies wahrlich nicht viel. Deshalb gilt es diese Mittel möglichst effektiv und zielorientiert auszugeben.
Es ist daher richtig, dass wir Projekte nur noch fördern können, wenn sie in die Tourismusstrategie des Landes passen. Damit ist keine Bevormundung der regionalen Ebene verbunden, sondern wir versuchen, Marketing und Angebot vor Ort in Einklang miteinander zu bringen. Es geht also nicht nur um Werbemittel, sondern auch darum, dass wir Bauvorhaben nur noch dann fördern, wenn sie ebenfalls in die Konzeption des Landes passen. Ansonsten würden wir überregional für etwas werben, was wir im Lande gar nicht anbieten können. Ein solches Auseinanderfallen von Produktwerbung und Angebot vor Ort hat es in der Vergangenheit durchaus gegeben. Wir haben für touristische Produkte geworben, weil sich dies gut vermarkten ließ. Aber wir stießen dort an unsere Grenzen, wo das Angebot einfach zu klein war. Wir wurden von der Nachfrage überrollt und konnten die vielen Reisewilligen aber nicht mit entsprechenden Angeboten bedienen.
Genau das musste aber jetzt ein Ende haben und deshalb war es notwendig, sich auf einige wenige relevante Gruppen von potentiellen Gästen zu beschränken.
Selbstverständlich können wir natürlich bestimmte einzelne Faktoren berücksichtigen. So können wir zum Beispiel die Anforderungen umsetzen, die uns durch die Eurac-Studie empfohlen werden. Hier wird ganz deutlich gesagt, dass die Minderheiten auch im Tourismus einen Mehrwert darstellen. Diesem Mehrwert gilt es zu nutzen. Neben den allgemeinen Marketingbemühungen müssen deshalb gerade auch Maßnahmen zur Förderung der Minderheiten einbezogen werden. So könnenn zum Beispiel zweisprachige Radwegebeschilderungen in Nordfrieslanmd dafür sorgen, dass die friesische Minderheit zu ihrem Recht kommt und gleichzeitig auch der Tourismus gefördert wird, in dem zweisprachig beschilderte Radwege auch die Touristen auf eine einmalige sprachliche Besonderheit aufmerksam machen. Somit nutzt man ein Alleinstellungsmerkmal und dieses Alleinstellungsmerkmal widerspricht sich nicht mit der allgemeinen Tourismusstrategie.

Wenn wir aber unsere Potentiale richtig ausschöpfen wollen, ist es ebenso notwendig, dass die von uns steuerbaren Rahmenbedingungen angepasst werden. Die Ferienregelungen für die Jahre 2011 bis 2017 sind eine solche steuerbare Rahmenbedingung. Wenn wir statt der möglichen 90 Tage Gesamtferiendauer in Deutschland diese nur noch auf durchschnittlich rund 81 Tage begrenzen, führt dies zu einer Ballung der Nachfrage, die dann im Lande nicht mehr bedient werden kann, weil die Kapazitäten dann ausgelastet sind. Wir müssen also dafür sorgen, dass die 90 Tage voll ausgeschöpft werden. Das heißt nicht, dass pädagogische Gesichtspunkte keine Rolle mehr spielen sollen, sondern dass auch die wirtschaftlichen Interessen einer Branche angemessen mit berücksichtigt werden müssen. Insbesondere für unser Land ist dies in der jetzigen wirtschaftlichen Rezession von entscheidender Bedeutung. Wir leben in Schleswig-Holstein von der Binnenkonjunktur und insbesondere vom Tourismus und daher muss die Landesregierung hier auf Bundesebene, diejenigen Kräfte unterstützen, die eine Ausweitung der Gesamtferiendauer fordern. Und dies muss nicht zwangsläufig auf Kosten der Pädagogik geschehen.

Ebenso lässt sich feststellen, dass man es in der Vergangenheit nicht gewohnt war, im Tourismus eng zusammen zu arbeiten. Das soll nicht als Vorwurf verstanden werden, sondern als allgemeine Zustandsbeschreibung. Genauso wie man durch Angebote versucht, die Kommunen in anderen Bereichen zu einer noch engeren Zusammenarbeit zu bewegen, so muss dies natürlich auch im touristischen Bereich geschehen. Dabei macht es Sinn, dass man die Förderung insbesondere auf die landesplanerischen Schwerpunkträume und Entwicklungsgebiete für Tourismus konzentriert. Das schließt ja nicht eine gut begründete Einzelförderung außerhalb dieser Räume aus. Diese Konzentration der Förderung auf bestimmte Räume führt aber dazu, dass man vom Angebot her wirklich adäquate Produkte anbieten kann und dass man auch vor Ort noch mehr in Regionen denkt und nicht das Kirchturmsdenken weiterhin das Handeln bestimmt. Wenn also in Zukunft Konzepte zur Entwicklung des Tourismus erstellt werden sollen, dann muss dies nach unserer Auffassung überregional geschehen und die Festlegungen in der Tourismusstrategie müssen eine entscheidende Rolle spielen.

Dabei müssen wir uns vor allem der Professionalität der TASH bedienen. Die TASH ist nicht nur eine Buchungsplattform oder eine Organisation, bei der man Informationen über Schleswig-Holstein erhalten kann. Sie ist mehr. Sie ist die wichtigste Tourismusmarketingorganisation, die wir haben. Natürlich muss es auf örtlicher und subregionaler Ebene Werbung und Quartiervermittlung geben. Aber wenn wir wirklich überregional und womöglich im Ausland mitreden wollen, dann müssen wir die TASH stärken. Hier haben wir das Know-how, um dort Erfolg zu haben, wo örtliche und subregionale Werbung nichts bewirken kann. Wir brauchen in Zukunft eine klare Aufgabenteilung im Tourismus. Was aber dabei wichtig ist, ist: Alle Beteiligten in der schleswig-holsteinischen Tourismuswirtschaft müssen am gleichen Strang ziehen. Niemand will einen Angebots-Einheitsbrei. Aber alle profitieren von einen einheitlichen guten Erscheinungsbild Schleswig-Holsteins und von einem Wiedererkennungswert, der sich auch in einem gemeinsamen Marketing mit gemeinsamen Zielgruppen ausdrückt.


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