Rede · 29.02.2008 Gesetz zum Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag
Die Medienfachleute der Gewerkschaft ver.di kritisieren den Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag als eine „Medienpolitik hinter verschlossenen Türen“. Der zehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag setzt damit eine bekannte Tradition fort, nach der in Deutschland Medienpolitik gemacht wird: die Staatskanzleien der Länder verhandeln über Reformen, beschließen einen Kompromiss und die 16 Länderparlamente nicken den dann ab, ohne dass sie Einfluss nehmen könnten auf die Ausformung der Reformen.
Bei den vorliegenden Reformen des zehnten Vertrages, die gerade eine stärkere Einbeziehung der Länder institutionalisiert, erweist sich diese Politik der Staatskanzleien denn auch als der falsche Weg. Die Landesmedienanstalten sollen gestärkt werden, die Länderparlamente dürfen darüber aber nicht entscheiden. Bei der Anhörung im letzten Sommer in Berlin waren Medienpolitiker aus den Ländern gar nicht zugelassen. Das zeigt aus Sicht des SSW der Widersinn des Verfahrens.
Der zehnte Staatsvertrag will die Aufsicht verbessern. Gerade das Thema der besseren Kontrolle sollte aber unseres Erachtens mit möglichst breiter Beteiligung entschieden werden, denn wir haben in Deutschland ohne Zweifel Probleme bei der wirkungsvollen und durchsetzungsstarken Kontrolle der privaten Anbieter. Aktuelles Beispiel: jugendgefährdende Texte auf den Teletext-Seiten von 19 privaten Sendern, die allesamt parallel zum Kinderprogramm geschaltet waren. Kinder, die unbeabsichtigt oder nicht, auf die Teletext-Taste der Fernbedienung gerieten, konnten bereits auf der nachmittäglichen Startseite der Sender pornografische Texte lesen. Das war eine eindeutige Verletzung des Jugendschutzes. Die Medienaufsicht hatte bereits Untersuchungen eingeleitet, aber erst die Veröffentlichung dieses Skandals im NDR-Magazin „Zapp“ hat die Anbieter zum sofortigen Umlenken bewegt. Sie schalten jetzt die entsprechenden Seiten erst nach 20.00 Uhr frei. Die Medienaufsicht hat sich in diesem Fall zu zögerlich verhalten, was bedauerlicherweise kein Einzelfall ist.
In Zukunft soll durch eine neue Kommission, die ihre Aufgabe im Namen trägt, schneller durchgegriffen werden: die Kommission für Zulassung und Aufsicht, kurz: ZAK, die durch die 14 Landesmedienanstalten gebildet wird. Allerdings bezweifle ich, dass die ungenaue Kompetenzzuschreibung der Kommission wirklich ein Fortschritt ist und den gewünschten Effekt erzielen wird.
Der SSW lehnt die Umstrukturierung der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich ab. Die KEK wurde 1997 ausdrücklich gegründet als unabhängige Expertenkommission. Die KEK um sechs Vertreter der Landesmedienanstalten zu erweitern, ist nach Meinung des SSW ein äußerst durchsichtiges Manöver, denn die KEK hatte sich bei den Fusionsplänen von Pro Sieben äußerst unbeliebt gemacht. Und für viele Medienfachleute ist der institutionelle Eingriff in ihre unabhängige Arbeit jetzt dafür die Quittung.
Dabei wäre es wünschenswert gewesen, die KEK nicht durch Verdopplung ihrer Mitglieder zu vergrößern, sondern ihre Arbeit auf stabile Grundlagen zu stellen. Jüngstes Beispiel: Die KEK hat bei der anstehenden Verlängerung des Nordfensters von RTL auf die Verletzung des Rundfunkstaatsvertrages hingewiesen, wonach Regionalfenster in rechtlicher Unabhängigkeit vom Hauptprogrammveranstalter gesendet werden müssen.
RTL Nord als 100%ge Tochter der RTL Television GmbH könne das nicht gewährleisten, wurde hervorgehoben. Die Landesmedienanstalt hat, wie bekannt sein dürfte, diesen Einwand nicht berücksichtigt und den Vertrag mit der maximalen Laufzeit verlängert. In diesem Verfahren hatte die KEK überhaupt keinen Einfluss. Das wird sich in Zukunft nicht ändern, weil dann die Vertreter der Zulassungsbehörden gleich in der KEK am Tisch sitzen und entscheiden. Diese werden schwerlich ihre eigene Arbeit kritisieren.
Inzwischen wird schon munter am 11. Staatsvertrag gefeilt, der die Digitalisierung der öffentlich-rechtlichen Anbieter auf ein gesetzliches Fundament stellen soll. Dann werden wir schätzungsweise im Sommer über das bereits beschlossene Paket reden. – Es sei denn, wir schaffen es dieses Mal, die Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss als Medienausschuss so rechtzeitig durchzuführen, dass wir der Landesregierung unser Votum mit auf den Weg geben können.