Rede · 25.04.1997 Schaffung einer Nordseekooperation

Als ich diesen Antrag laß, habe ich lange über die Formulierung der „historisch gewachsenen kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen nach Westen“ der Schleswig-Holsteinischen Westküste nachgedacht. Obwohl ich mich eigentlich in der Geschichte Schleswig-Holsteins ganz gut auskenne, konnte ich mich trotzdem nicht unmittelbar daran erinnern, woraus denn diese gewachsenen Beziehungen bestanden. Deshalb habe ich dann meine Mitarbeiter ausgeschickt, um in der Geschichte Nordfrieslands mal über diese Beziehungen nachzuforschen. Sie sind fündig geworden.

Historisch gesehen sind es natürlich vor allem die Friesen, die besonders im 7. und 8. Jahrhundert Handel im gesamten Nordsee-Raum betrieben. Die intensivsten und engsten wirtschaftlich und kulturellen Beziehungen im Nordseeraum haben aber die Wikinger gepflegt, die die Westküste als Durchgangslager für ihre Fahrten benutzten. Sie waren bei ihren Anstrengungen auch äußerst erfolgreich. So haben sie es unter anderem geschafft sowohl das damalige London als auch das damalige friesische Zentrum „Dorestad“ zu plündern und abzubrennen. Das war im 10. Jahrhundert.

Auf den Nordfriesischen Inseln haben wir dann über Jahrhunderte eine Seefahrtstradition mit Wahl- und Robbenfang gehabt. Dadurch gab es auch Kontakte zu den Britischen Insel und Grönland. Unter dem dänischen Gesamtstaat Anfang des 19. Jahrhundert haben sich dann die Westküstenbewohner als Schmuggler und Blockadebrecher der Kontinentalsperre, die über Großbritannien verhängt war, betätigt. Dann hatten wir im letzten Jahrhundert mit Tönning als Ausgangspunkt die großen Rinderexporte von der Westküste nach Großbritannien. Die Exporte erreichten Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Höhepunkt. Doch nach dieser Zeit findet man - auf jeden Fall keine wesentlichen wirtschaftlichen - Kontakte zwischen der Westküste, Großbritannien und der Niederlande.
Zurück zum eigentlichen Ansinnen des Antrages: nämlich der Stärkung der wirtschaftlichen Entwicklung unserer Westküste - für der sich der SSW schon seit Jahren stark macht. Es gibt in der Wirtschaftstheorie zur Regionalentwicklung einen Kernsatz, der in etwa so lautet: „Man muß sich bei der wirtschaftlichen Entwicklung von Regionen auf die endogenen Kräfte konzentrieren.“ Das heißt auf deutsch: Man muß verstärkt das fördern, was schon an wirtschaftlichen Potentialen in der Region vorhanden ist, dann bekommt man die besten Ergebnisse.

Da die heutigen wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen der Westküste und beispielsweise Großbritannien und Holland sehr dürftig sind, müßte man praktisch beim Nullpunkt anfangen. Die wirtschaftsnahe Infrastruktur, beispielsweise gut ausgebaute Häfen, für eine geforderte Nordseekoorperation einschließlich der Schleswig-Holsteinischen Westküste ist unserer Meinung nach nicht vorhanden.

Der SSW sieht deshalb größere Entwicklungsmöglichkeiten für die Westküste in einer Förderung - beispielsweise aus den Mitteln des Regionalprogramms - der bereits vorhandenen Potentiale in der Region: der Fremdenverkehr und die Regionalisierung der Landwirtschaft. Für die Stärkung der vorhandenen mittelständischen Unternehmen in der Region gehört dazu auch die Anbindung an die europäischen Märkte durch eine westliche Elbquerung.

Man kann die bisher erfolgreiche Ostseepolitik der Landesregierung nicht einfach auf die Nordsee übertragen. In der Ostsee kann man wirklich von einer gewachsenen historischen, wirtschaftlichen und kulturellen sehr engen Beziehungen zwischen allen Ostseeländern reden. Stichwort: die Hanse. Dazu kommt aber auch, daß es nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs auch vorhandene wirtschaftliche Potentiale, so in Kiel und in Lübeck, gab die dann auch schnell zu einer Koorperation mit den anderen Ostseeanrainern genutzt werden konnten.

Dies ist an der Westküste leider nicht der Fall. Der SSW verschließt sich natürlich nicht neuen Ideen zur wirtschaftlichen Entwicklung der Westküste. Nur müssen diese realistisch sein und Hand und Fuß haben. Denn ansonsten wäre mein Beitrag zu erweiterten Nordsee-Koorperation der Vorschlag der Gründung eines Euromeeres Nordsee - oder wie wäre es mit einer Euroregion Nordsee. Denn warum soll mühselig von unten Zusammenwachsen, was von oben zwangsvereinigt werden kann.

Weitere Artikel

Pressemitteilung · Nordfriesland · 14.11.2025 Zum Welt-Frühgeborenen-Tag: Wenn jeder Kilometer über ein kleines Leben entscheidet

Anlässlich des Welt-Frühgeborenen-Tags am 17. November warnt die Husumer Abgeordnete der SSW-Landtagsfraktion, Sybilla Nitsch, vor einer dramatischen Lücke in der Versorgung von Säuglingen, die sich zu früh auf den Weg ins Leben machen. Denn das Level 1-Zentrum für Früh- und Neugeborenenmedizin am Westküstenklinikum schließt zum Jahresende.

Weiterlesen

Pressemitteilung · Rendsburg-Eckernförde · 17.11.2025 Marcel Schmidt hat einen starken Wahlkampf hingelegt und für den SSW in Kiel Gesicht gezeigt

Die Landesvorsitzende des SSW, Sybilla Nitsch, bedankte sich heute beim Kieler SSW und beim Kandidaten Marcel Schmidt für ihren Einsatz im OB-Wahlkampf:

Weiterlesen

Pressemitteilung · Kiel · 14.11.2025 Partnerschaft mit einer Stadt in Israel entwickeln

Am Mittwoch wurde vom Büro der Stadtpräsidentin im Hauptausschuss eine Geschäftliche Mitteilung zum Thema „Städtepartnerschaft mit einer Stadt in Israel entwickeln“ vorgelegt. Ausgangspunkt dieser Vorlage ist der gleichnamige, federführend von der SSW-Ratsfraktion erarbeitete und gemeinsam mit der CDU in die Ratsversammlung eingebrachte Antrag „Städtepartnerschaft mit einer Stadt in Israel entwickeln“ (Drs. 0712/2023-01). Dazu erklärt der Vorsitzende der SSW-Ratsfraktion Kiel, Ratsherr Marcel Schmidt:

Weiterlesen