Rede · 21.05.2025 Wir brauchen eine sozial ausgewogene Gebührenordnung
„Es darf nicht sein, dass überhöhte Tierarztkosten eine tierärztliche Behandlung verzögern, nur weil sich die Halterin oder der Halter eine notwendige Behandlung nicht leisten können.“
Dr. Michael Schunck zu TOP 29 - Tierärztegebührenordnung auf den Prüfstand stellen (Drs. 20/3177)
Die mündliche Anhörung zur Tierärztegebührenordnung (GOT) im Agrar-Ausschuss hat mich, bezüglich der genannten Beispiele bei den Tierarztkosten, mehr als überrascht. Dies mag daran liegen, dass ich selbst keine Haustiere habe und somit auch keine Berührung mit dem Thema habe.
Es zeigt mir aber, dass mündliche Anhörungen oder auch Fachgespräche im Ausschuss wertvoll und besonders aufschlussreich für unsere parlamentarische Arbeit sind. Damit bekommen wir einen Einblick in Themen, mit denen wir sonst weniger zu tun haben.
Die Beispiele, die uns vorgetragen wurden, rechtfertigen aus meiner Sicht durchaus den hier vorliegenden Antrag. Im Zusammenhang mit der aktuellen GOT sind es verschiedene Aspekte, die hier eine Rolle spielen. Im Vordergrund steht ganz klar die Gebührenerhöhung, sowie die teilweise intransparente Ausgestaltung der Rechnungen. Oder die Hausbesuchsgebühren durch den Tierarzt, die beispielsweise pro Pferdehalter erhoben werden, obwohl mehrere Pferde in demselben Stall behandelt werden. Aus meiner Sicht ist eine neue Bewertung der GOT daher durchaus angebracht.
Es wurde in der Anhörung darauf hingewiesen, dass Tierhalter den Weg zum Tierarzt herauszögern – zum Leidwesen der Tiere, was sogar bis hin zur Tierwohlgefährdung führt. Im besten Fall fahren Tierhalter mit ihren Tieren ins Ausland, um sie dort behandeln zu lassen. Für unsere Tierheime brennt die Kerze an zwei Enden; durch die höheren Tierarztkosten auf der einen Seite fehlen die Mittel auf der anderen Seite für notwendige Investitionen. Und wir wissen längst um die prekäre Situation unserer Tierheime.
Zur parlamentarischen Ausgewogenheit gehört es natürlich auch, sich, wie in diesem Falle, die Meinung der Tierhalter einzuholen, sondern auch die andere Seite der Tierärzte anzuhören. Auch im Bereich der Tierärzte und Tierarzthelfer gibt es einen Fachkräftemangel, und es sei immer schwieriger die Wochenarbeitszeiten sowie Notdienste insbesondere am Wochenende zusammenzubringen. Dies alles sei sehr personal- und kostenintensiv, heißt es von Seiten der Tierärzte. Daher sei eine ordentliche Bezahlung angezeigt. Das ist durchaus nachvollziehbar.
In der Bundestierärzteordnung wurde 1990 festgeschrieben, dass die Höhe der Vergütung der Gebührenordnung für tierärztliche Leistungen in regelmäßigen Abständen anzupassen sei. Eine solche regelmäßige Erhöhung der Gebührensätze und eine Anpassung an die stetigen Veränderungen der tierärztlichen wissenschaftlichen Praxis hat so aber nicht stattgefunden. Seit 1999 hat es pauschal zwei Erhöhungen um jeweils 12% gegeben. Rückblickend stellen wir fest, dass der Gesetzgeber, es seit 1999 versäumt hat, eine umfassende Novellierung der Gebührenordnung an den veterinärmedizinischen Erkenntnissen sowie an den wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. So geht es aus der Problem- und Zielformulierung der Bundesregierung zum Entwurf der GOT 2022 hervor. Nun mag man ja sagen, dass das, was die Ampel dort abgeliefert hat, nicht das gelbe vom Ei sei. Aber zur Ehrlichkeit gehört auch dazu, zu erwähnen, dass der GOT auch im Bundesrat zugestimmt wurde.
Schuldzuweisungen helfen uns hier jedoch nicht weiter. Daher müssen wir nach vorne schauen und überlegen, wie wir die Kuh vom Eis bekommen. Eine Evaluierung der GOT 2022 ist für 2026 vorgesehen. Und von nahezu allen Anzuhörenden wurde der Wunsch an den Ausschuss herangetragen, eine solche Evaluierung vorzuziehen – je schneller, desto besser. Diesem Wunsch kommen wir als SSW gerne nach.
Sofern der Landtag heute dem vorliegenden Antrag der FDP zustimmt, würden wir quasi dem Votum des Niedersächsischen Landtages folgen. Denn bereits im Dezember 2024 hat der Landtag dort mehrheitlich einem Antrag der CDU zugestimmt; die Gebührenordnung zeitnah zu evaluieren, ihre Schwächen zu beseitigen und sich ihre Akzeptanz zu sichern.
Wir als SSW können dem Antrag der FDP durchaus folgen und plädieren dafür die Evaluation der GOT vorzuziehen. Und richtig ist, dass dabei auch eine sozial ausgewogene sowie eine tierschutzfachliche Komponente in die Betrachtung einfließen muss. Es darf nicht sein, dass überhöhte Tierarztkosten eine tierärztliche Behandlung verzögern, nur weil sich die Halterin oder der Halter eine notwendige Behandlung nicht leisten können. Entsprechende Versicherungen, gerade bei älteren Tieren, sind zu teuer und daher für viele nicht tragbar. Aus tierschutzfachlichen Erwägungen bedarf es daher auch einer sozial ausgewogenen Gebührenordnung. Eine Evaluierung und Überarbeitung der GOT muss daher zügig eingeleitet und umgesetzt werden.