Rede · 11.05.2023 Wir wollen ein Kulturfördergesetz anstelle eines Musikfördergesetzes
„Wir wollen Kulturförderung um der Kultur willen, nicht um einen Missstand im Bildungssystem aufzufangen.“
Jette Waldinger-Thiering zu TOP 16 - Förderung von Musikschulen durch ein Musikschulfördergesetz (Drs. 20/804)
Musikunterricht wirkt sich, das haben mittlerweile zahlreiche Studien nachgewiesen, besonders förderlich auf die kognitive, motorische, sprachliche und soziale Entwicklung von Kindern aus.
Beim Musizieren werden Gehirnregionen aktiviert, die die Konzentrationsfähigkeit und das Gedächtnis fördern und logische Denkprozesse unterstützen. Notenlesen hilft bei der Augen-Hand-Koordination und Singen sorgt bei der Sprachentwicklung von Kindern für eine bessere Lese- und Schreibfähigkeit. Die Schülerinnen und Schüler lernen beim gemeinsamen Singen das Arbeiten in Gemeinschaft, das aufeinander achten und hören und das gegenseitige Unterstützen beim Einüben von Musikstücken. Und nicht zuletzt für die soziale Entwicklung sehen auch wir als SSW den Musikunterricht als besonders guten Ansatzpunkt in den Schulen.
Gleichzeitig wissen wir um den Mangel an Musikschullehrkräften. Wir brauchen hier deutlich mehr Menschen, die durch den Quereinstieg den Weg ins Bildungssystem gehen und ebenso mehr Studierende, die sich direkt von Beginn an für ein Musikstudium entscheiden.
Inhaltlich blicken wir daher eigentlich mehr als wohlwollend auf die Einführung eines Musikschulfördergesetzes.
Was uns an Ihrem Antrag aber direkt aufgestoßen ist, ist die aus unserer Sicht zu enge Verknüpfung zwischen Förderung von Musikschulen und dem Auffangen der Betreuungslücken beim Ganztagsanspruch. In unserem Antrag haben wir darauf abgesetzt, das zu heilen.
Wir wollen Kulturförderung um der Kultur willen, nicht um einen Missstand im Bildungssystem aufzufangen. Es wäre im Übrigen aber auch mit Blick auf den Ganztag sinnvoll, sich bereits JETZT über ein Kulturfördergesetz zu unterhalten.
Einige von Ihnen, auch Sie, Frau Röttger, erinnern sich sicherlich an die Anhörung, die wir zu diesem Thema in der zurückliegenden Wahlperiode durchgeführt haben.
SSW und SPD hatten gemeinsam ein Gesetz über die Musikschulen eingebracht, um überhaupt erstmal eine gesetzliche Grundlage für die öffentlichen Musikschulen zu schaffen und die Musikschulaufgaben gesetzlich abzusichern.
Aber durch das Anhörungsverfahren haben wir Einiges dazu lernen können. Uns wurde damals unmissverständlich von den Anzuhörenden mitgegeben, dass wir kein Musikschulgesetz brauchen, sondern ein Musikschulfördergesetz, beziehungsweise eigentlich direkt ein Kulturfördergesetz. Mich hat das überzeugt.
Und deshalb plädieren wir als SSW jetzt dafür, das ganze Verfahren direkt richtig anzugehen mit einem Kulturfördergesetz für Schleswig-Holstein.
Das parlamentarische Verfahren wäre nach den Anträgen ja ohnehin eines, das die Arbeit erst einmal an die Landesregierung abgibt. Ein wie auch immer ausgestalteter Entwurf soll bis zum 2. Quartal 2024 erarbeitet werden. Mit viel, viel gutem Willen wird dieses Gesetz 2025 haushaltsrelevant. Realistisch wäre wohl aber eher 2026.
Ich erlaube mir an dieser Stelle einmal einen Einschub zum Verhältnis Parlament und Regierung.
Mir ist schon klar, dass die regierungstragenden Fraktionen und die Regierung ihre jeweiligen Aufgaben in enger Zusammenarbeit ausführen. Und doch ist es so, dass es eigentlich Aufgabe des Parlaments ist, die Regierung zu kontrollieren.
Hier bei uns wird es langsam so, dass die Opposition kontrolliert und die regierungstragenden Fraktionen Arbeitsaufträge an die Regierung verteilen.
Von daher haben wir es uns dieses mal leichter gemacht als sonst und ebenfalls die Regierung aufgefordert, ein Gesetz zu erarbeiten.
Ein Kulturfördergesetz, anstelle eines Musikfördergesetzes.
Auch mit Blick auf den von Ihnen angedachten Zeitrahmen möchte ich Sie wirklich auffordern: Gehen Sie es direkt richtig an!
Wir brauchen nachhaltig wirksame und verbindliche Förderstrukturen mit konkreten Ressourcenzuweisungen für die gesamte Kulturlandschaft in Schleswig-Holstein.