Rede · 16.06.2021 Zugang zum digitalen Lernen für alle Schüler

„Jamaika fehlt die Vision. Wir wollen Fortschritt.“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 6+24+38+39+59 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes mit weiteren Anträgen und einem Bericht (Drs. 19/2678, 19/3066, 19/3100, 19/3101, 19/3060)

Wenige Tage vor den Sommerferien habe ich rückblickend darüber nachgedacht, was für ein Schuljahr hinter uns liegt. Der zweite Jahrgang Corona-Abschlüsse, ob ESA, MSA oder Abitur und studentereksamen. Der erste Jahrgang, der unter Corona-Bedingungen eingeschult wurde und nun das erste Schuljahr hinter sich hat. Schülerinnen und Schüler, die sich fragen, ob sie das Jahr vorsorglich wiederholen sollten und Schülerinnen und Schüler, die sich fragen, wie es nun für sie weitergehen soll. 
Ich möchte daher diesen Moment nutzen und mich an die Schülerinnen und Schüler des Landes wenden: Ihr habt dieses Jahr Enormes geleistet! Ihr habt während einer Pandemie gelernt, auf sehr intensive Art mit digitaler Technik umzugehen, musstet euch eigenständig neu aufstellen und trotz allem irgendwie weitermachen. Wir alle, die wir hier sitzen, wissen, was euch das abverlangt hat. Ich habe riesigen Respekt vor euch.  

Und ich bin zuversichtlich, dass es jetzt bergauf geht. Wir als SSW setzen uns jedenfalls weiter dafür ein, dass Schule sich weiterentwickelt, sich neuen Bedürfnissen anpasst und auf eine sich verändernde Welt reagiert. 

Deswegen haben wir mit der SPD einen Antrag zur Änderung des Schulgesetzes gestellt, der ambitionierter und zukunftsweisender ist als die Vorstellung, die die Regierungskoalition hier angekündigt habt. 
Wir wollen das digitale Lernen regeln. 
Wir wollen eine echte Lernmittelfreiheit. 
Und wir wollen die Schüler- und Elternvertretungen wirklich stärken. 

Wir wissen alle, dass die Fortschritte, die unsere Schulen in Richtung Digitalisierung im zurückliegenden Jahr gemacht haben, die Schulen teilweise vor sehr große Vorausforderungen gestellt haben. Lehrkräfte ohne Dienstlaptops, die auch fachlich nicht immer ausreichend für diese Situation vorbereitet waren. Schlechte Internetverbindungen zu Hause oder mangelnde Endgeräte bei den Schülerinnen und Schülern. 
Aber so froh wir auch alle sein werden, wenn wir in großen Teilen zu dem Schulalltag zurückkehren können, wie wir ihn kennen, so bieten uns diese Entwicklungen in Zukunft einen bunten Strauß voller Möglichkeiten. 
Hierfür brauchen wir ein gutes Regelwerk, damit der digitale Unterricht nicht von Schule zu Schule und von Lehrkraft zu Lehrkraft beliebig ist. 
Was wäre dafür besser geeignet gewesen als eine Novellierung des Schulgesetzes in diesen Zeiten. Aber Jamaika fehlt der Mut, Jamaika fehlt die Vision. SSW und SPD wollen Fortschritt.
Wir schlagen Ihnen daher vor, das, was wir in den Schulen digital erreicht haben, im Schulgesetz abzusichern und rechtlich festzuschreiben. Wir wollen, dass geregelt ist, in welcher Form Distanzunterricht gegebenenfalls weiter stattfinden kann und wir wollen, dass die dafür benötigte Technik da ist. Das heißt, dass auch die Lernmittelfreiheit für alle auf digitale Endgeräte ausgeweitet werden muss. 

Wir wissen, auch aus Sicht der Minderheiten im Land, welche großen Vorteile der digitale Unterrichts für uns hat. Ich denke da an die Inseln und Halligen der Westküste. Interessanterweise gelten die kleinsten, abgelegensten Schulen in Nordfriesland schon jetzt als besonders innovativ. E-learning war schon vor der Krise fester Bestandteil des Unterrichts. Oder gucken wir etwas weiter Richtung Norden, ich erinnere mich an die Fraktionsreise des SSW zurück, die nach Helsinki in Finnland ging. Dort ist neben den Erleichterungen, die die Digitalisierung für Kinder der samischen Minderheit bietet, der digitale Unterricht für alle schon auf einem ganz anderen Level fortgeschritten. Elektronische Arbeitsgeräte sind für die Schülerinnen und Schüler hier ganz normal. Sie werden damit von der Schule ausgestattet. Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler stehen wie selbstverständlich über eine App, die Wilma heißt, in Kontakt miteinander. Eine Erleichterung für alle Seiten. 

Bildungsdigitalisierung wird eine Daueraufgabe bleiben, wir haben noch viel vor in Schleswig-Holstein. Und hierbei müssen wir die Schülerinnen und Schüler samt Eltern über ihre Vertretungen mitnehmen. Sie brauchen eine Stärkung ihrer Strukturen und haben diese auch verdient! 

Und wenn ich das abschließend einmal kurz an dieser Stelle einschieben darf, zum Antrag zum Thema Schulabsentismus, den Jamaika als Digitalisierungsfrage deutet, hätte ich noch Diskussionsbedarf im Ausschuss. Während die Ministerin gerade zurückrudern musste, weil sie vollkommen zurecht von allen Seiten aus der Bevölkerung darauf hingewiesen werden musste, dass pandemiebedingter Unterricht zu Hause keine Fehltage im Zeugnis bedeuten dürfen, reichen die Regierungskoalitionäre einen Antrag gegen das Schuleschwänzen ein. Ich bin verwundert, wie wenig Gespür man für die derzeitige Situation haben kann. 

Unsere Bürgerbeauftragte Samiah El Samadoni hingegen zeigt ein viel realistischeres Gespür und hat uns kürzlich ganz klar die Forderung mitgegeben, dass der digitale Zugang für jede Schülerin und jeden Schüler zur Grundausstattung gehört. 
Wir beim SSW sehen das genau so. Sie erkennen das an vielen unserer Bildungsanträgen, aber auch unserer Initiative für ein kostenfreies flächendeckendes WLAN für alle. Schleswig-Holstein bietet hier wirklich noch Verbesserungspotential, man muss es aber auch sehen uns wollen. 
Ich weiß noch, dass zu Beginn der Jamaika-Koalition Robert Habeck seine Grünen eingenordet hat, sie würden gebraucht. Ja, dann muss man aber auch wissen wofür. Dieser Schulgesetznovelle jedenfalls merkt man es nicht an.

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